Es war eine kalte Nacht, die Sterne versteckten sich hinter einer dichten Wolkendecke und die Luft roch schwach nach nassem Laub. Emily saß auf ihrer Terrasse, eingehüllt in ihre Lieblingsdecke und starrte auf den schwarzen Bildschirm ihres Smartphones. Der Akku war leer und das war genau das Problem – das Haus war plötzlich ohne Strom. Eine Störung im Netz, technisches Versagen oder etwas Übernatürliches? Für einen Moment überkam Emily ein kalter Schauer, sie zuckte aber mit den Schultern und entschied sich für logische Erklärungen.
Nachdem sie mit einer Taschenlampe, dem letzten funktionsfähigen Gegenstand, das ganze Haus durchsucht hatte, bemerkte sie die Stille. Die Stille, die so tief und gruselig war, dass sie selbst das Ticken ihrer Wanduhr nicht hören konnte. Kein Lufthauch, kein Rascheln, nur die ohrenbetäubende Stille. Emily zuckte zusammen, als sie einen dumpfen Schlag hörte. Sie schüttelte den Kopf, versuchte ihre Furcht zu ignorieren und kletterte die Treppe hinauf zu ihrem Schlafzimmer.
Die Tür klemmte etwas und erst nach mehreren Versuchen schwang sie knarrend auf. Mit einem unguten Gefühl trat sie ein. Es war stockfinster. Sie warf Lichtstrahlen in alle Ecken, aber es war nichts Ungewöhnliches zu entdecken. Mit beruhigtem Herzen nahm sie Platz auf ihrem Bett und starrte für eine Weile ins Leere. Aber mit jedem vergehenden Moment wurde die Stille lauter… und unheimlicher. Sie schnappte nach Luft, als sie etwas Weiches, Kaltes gegen ihre Beine drückte.
Mit schwerem Herzen und zitternden Händen senkte sie die Taschenlampe zum Boden und ihr Herz sprang fast aus der Brust. Sie erkannte die eingezogenen Pfoten und das flauschige Fell ihres Katers, doch sein Körper war kalt und unglaublich still.
Ein markerschütternder Schrei schluckte die Stille, ließ das Haus erzittern und Emily erstarrte. Sie wusste, dass sie alleine zu Hause war, dass es keine logischen Erklärungen mehr gab, dass die Stille nicht nur ein Mangel an Geräuschen war, sondern etwas Dunkles und Bedrohliches. Sie sprang auf, rannte zur Tür, aber sie klemmte wieder. Sie presste sich gegen das kalte Holz und hörte den gruseligen Laut noch einmal, diesmal näher.
Plötzlich verstummte alles, die Luft schien zu erstarren und sie konnte nur das pochende Geräusch ihres eigenen Herzens hören. Sie spürte eine raue, kalte Hand auf ihrer Schulter und bevor sie reagieren konnte, wurde sie umgedreht. Der Lichtstrahl ihrer Taschenlampe fiel auf ein Gesicht – weiß wie Kalk, Augen schwarz wie die Nacht und ein breites, dämonisches Grinsen. Emily schrie, aber ihre Stimme wurde von der Stille verschluckt. Die Dunkelheit erfüllte den Raum und dann kam wieder die Stille des Grauens.
Als die Sonne am nächsten Morgen aufging und der Strom wieder funktionierte, fand man Emily auf den kalten Fliesen ihres Schlafzimmers, das Smartphone neben ihr, immer wieder das Wort „Hilfe“ tippend, bevor der Akku starb. Sie war bleich, ihre Pupillen waren geweitet und sie starrte ins Leere. Sie war am Leben, atmete und ihr Herz schlug, doch ihre Seele war eingehüllt in der stille des Grauens – stumm, kalt und leer.