jeden Tag eine Geschichte
Spiegelwelten

Spiegelwelten

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Sie sagen, dass Spiegel eine Reflexion unserer Realität sind. Aber was wäre, wenn sie vielmehr Fenster zu einer unendlichen Anzahl paralleler Universen wären, Spiegelwelten, die den unseren unbeirrbar ähneln? Was würde passieren, wenn diese Parallelwelten plötzlich kollidierten?

Emily hatte immer das Gefühl, dass etwas mit ihrem Spiegel nicht stimmt. Er gehörte seit Generationen ihrer Familie, war ein wunderschönes, beinahe lebensgroßes antikes Stück mit aufwändigem Silberrahmen. Jedes Mal, wenn sie hineinsah, spürte sie eine eigenartige Unruhe, als würde sich die Glasoberfläche subtil bewegen, wie Wasser.

Eines Tages bemerkte Emily eine Veränderung. Sie stand vor dem Spiegel, als sie sah, dass ihr Spiegelbild kurz zögerte, bevor es ihren Bewegungen folgte. Erschrocken wich sie zurück, doch ihre Reflexion tat es nicht. Im Spiegel bewegte sich Emily weiter auf sie zu, ihr Lächeln verzerrend in einem gruseligen Grinsen.

Schockiert eilte sie aus dem Raum. Die nächsten Tage versuchte sie, den Spiegel zu ignorieren. Aber der Spiegel ließ sich nicht ignorieren. Ihre Bewegungen im Spiegel wurden immer entfremdeter von ihren eigenen, das Grinsen immer grauenvoller.

Sie beschloss, den Spiegel zu zerstören, um dem seelischen Terror ein Ende zu setzen. Mit einem schweren Hammer in der Hand trat sie dem Spiegel entgegen. Aber bevor sie zuschlagen konnte, stürmte ihr Spiegelbild aus dem Glas hervor und griff sie an. Mit einem panischen Schrei wurde Emily in den Spiegel gezogen und das Spiegelbild aus Glas und Silber klatschte hinter ihr zu.

Wenn heute jemand in den Spiegel schaut, sehen sie Emily. Sie lächelt still und folgt jedem ihrer Bewegungen perfekt, fast zu perfekt. Es ist, als ob sie davon besessen wäre, keine einzige Bewegung zu verfehlen.

Und wenn man genau hinhört, kann man manchmal ein leises Schluchzen aus dem Spiegel hören, das Geräusch einer verzweifelten jungen Frau, die gefangen ist in der eisigen Kälte der Spiegelwelt, sklavisch gefangen in der Reflexion des wirklichen Lebens.

So ist der Spiegel keine bloße Reflektion unserer Realität mehr, sondern ein Portal zu einer anderen Welt, in der Emily lebt und gleichzeitig stirbt, unfähig zu entrinnen. Und immer, wenn jemand den Raum betritt, nimmt sie eine Maskerade des Normalen auf, während sie unter der Oberfläche mit dem inneren Horror kämpft, in einer Welt gefangen zu sein, die so ähnlich und doch so entsetzlich fremd ist.

Die Grenzen zwischen Realität und Reflexion verschwimmen, und man fragt sich, wie viele von uns wirklich wir sind und wie viele nur Spiegelbilder aus anderen Welten sind. Sind wir sicher in unserer Realität oder könnten wir das nächste Opfer unserer eigenen gespiegelten Anblicke sein?

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