Sira streifte durch das Stadtmuseum, dessen Exponate wie Klänge aus einem fernen Jahrhundert zu ihr hervorbrüllten. Vergilbte Karten, alte Kassenregister und staubige Uniformen lagen hinter Glas.
Eine Ausstellung jedoch hatte es ihr angetan – die Geisterflucht.
Es handelte sich um eine Serie von komplizierten Maschinen und Apparaturen, die im 19. Jahrhundert zur Geisterbefragung benutzt worden waren. Eine Tafel erklärte, dass viele davon für unheimliche Experimente genutzt worden waren. Sira fühlte einen kalten Schauer den Rücken hinuntergleiten, als sie den schwarzen Spiegel betrachtete. Er war das Prunkstück, das als Portal zu der anderen Seite galt.
Fasziniert von der düsteren Schönheit des Spiegels, zückte Sira ihr Smartphone, um ein Foto zu machen. Doch als sie auf die Stelle zielte, wo der Spiegel im Bild sein sollte, zeigte ihr Bildschirm nur eine pechschwarze Fläche. Entsetzt schaute sie wieder in den Spiegel, doch er war genauso, wie er immer war.
Nachdem sie das Museum verlassen hatte, fühlte sich Sira merkwürdig. Als ob sie nicht alleine wäre, ein beunruhigendes Gefühl, beobachtet zu werden. Sie beschloss, das Gefühl zu ignorieren und den Schock von dem missglückten Foto auf mangelnden Schlaf zu schieben. Doch daheim in ihrer Wohnung konnte sie die unbequeme Präsenz nicht abschütteln.
Sie dachte an den Geisterfluch, an den Spiegel – und plötzlich hörte sie leise Flüstern aus ihrem Smartphone kommen. Als sie das Gerät einschaltete, wurden ihre Befürchtungen bestätigt: Das Handydisplay war immer noch dunkel. Freundinnen kontaktierten sie und berichteten, kryptische Textnachrichten von ihr erhalten zu haben, die sie nie geschrieben hatte.
Eine von ihnen las: „Spiegel, Spiegel, auf der Wand…“ Eine andere, gruseligere, besagte: „Sie sind hier, sie folgen dir…“. Panik ergriff sie. Sie versuchte, ihr Handy abzuschalten, doch es blieb eingeschaltet. Die Flüstern wurden lauter, scheinbar aus der Dunkelheit des Handys.
Sira wusste nur noch eine Möglichkeit. Sie nahm einen Hammer und zertrümmerte mit einem lauten Knall ihr Smartphone. Doch dann wurde es still. Zu still. Nicht einmal das Ticken der Küchenuhr war zu hören. Ein beklemmendes Gefühl ergriff sie. Sie sah sich im Raum um – und erschauderte. Ihr Atem stockte, als ihr Blick auf den Spiegel in ihrem Schlafzimmer fiel. Darin sah sie nicht nur ihr eigenes schockiertes Gesicht, sondern dahinter, in den Tiefen des Spiegelbildes, eine vielzahl schattenhafter Gestalten.
Sie hat den Geisterfluch wirklich erlebt. Seitdem kann sie Spiegel nicht mehr ausstehen und ihr neues Handy ist immer im Flugmodus. Niemanden außer ihren engsten Freundinnen hat sie je von den Geistern erzählt. Doch wenn Sie das nächste Mal Ihr Handy in der Dunkelheit betasten, fragen Sie sich: Könnte es auch ein Portal zu einer anderen Welt sein?