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Frostige Begegnung

Frostige Begegnung

8

Im funkelnden Schneegestöber flimmerten die Lichter der kleinen Hütte in der Ferne. Tim, ein junger Abenteurer in seinen Zwanzigern, stapfte tief durch den unberührten Schnee und kämpfte sich durch die eisige Kälte. All seine technischen Geräte waren verstummt – kein Handy, kein GPS, keine Drohne mehr, die ihm durch die weiße Wildnis helfen konnte.

Mit letzter Kraft erreichte er die Hütte und stieß mit einem Stöhnen die Holztür auf. Die Wärme im Inneren schlug ihm entgegen, doch das kleine Gebäude schien leer zu sein. Besonders merkwürdig war der überschwängliche Tisch in der Mitte: Er war üppig mit Essen und Getränken gedeckt, als hätte jemand auf ihn gewartet.

Nachdem er sich aufgewärmt und gestärkt hatte, versuchte er seine technischen Geräte wiederzubeleben. Die Digitale Stille blieb. Und doch, etwas von der modernen Welt zeigte sich wieder: Seine Smartwatch zeigte die Herzfrequenz an – und eine zweite. In Panik blickte er sich um, doch er war definitiv alleine in dieser Hütte.

Dann, plötzlich bemerkte er ihn. Den eisigen Hauch an seinem Nacken, als wäre jemand hinter ihm. Er wirbelte herum, doch weiterhin war nichts zu sehen. Aber das Gefühl blieb, die Blicke, die unsichtbare Gegenwart. Seine Atmung beschleunigte sich, seine Pupillen weiteten sich, die Anspannung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er versuchte zu fliehen, doch seine Beine gehorchten ihm nicht, sie waren wie festgefroren. Er hoffte inständig, dass es nur seine erschöpften Sinne waren, die ihm einen Streich spielten.

Trotz seiner übertriebenen Vorsicht schlief er schließlich am Tisch ein. Er wachte jedoch abrupt zu Mitternacht wieder auf. Die Zeiger seiner Smartwatch zeigten auf zwölf. Unheimliches, grässliches Kichern erklang aus der Ecke des Raumes. Er spürte wieder diesen eisigen Hauch, doch diesmal umgab er seinen ganzen Körper, nahm ihm die Luft, engte ihn ein.

Plötzlich tauchten kryptische Zeichen aus dem Nichts auf seine Armruhe auf, als ob sie von einem unsichtbaren Finger auf seine Haut gezeichnet worden waren. Sie verschwanden genauso schnell wieder wie sie gekommen waren, hinterließen jedoch einen tiefen Schrecken. Diesen Augenblick lang spürte er eine unheimliche, absolut furchteinflößende Präsenz. Eine Präsenz, die ihm fremd und doch seltsam vertraut war. Die Hütte war nicht mehr leer. Sie war nie leer gewesen.

Tims Herz raste. Seine Smartwatch zeigte die alarmierenden Zahlen an – sowohl seine eigene als auch die zweite Herzfrequenz waren jetzt sichtbar. Die zweite Herzfrequenz verlangsamte sich allmählich, bis sie keinerlei Lebenszeichen mehr von sich gab und schließlich erlosch. Fast zeitgleich mit dem Verschwinden dieser zweiten Herzfrequenz wurde es eiskalt in der Hütte. Jede Wärme schien erloschen, das Feuer im Kamin war verschwunden.

Und dann wurde es still. Kein Kichern, keine Zeichen, keine eisigen Berührungen. Nur die stille Panik, die noch in der Luft hing und durch Tims Adern raste. Die Hütte war wieder leer, zumindest schien es so. Doch Tim wusste, er war nie alleine gewesen – und irgendwie war er es immer noch nicht. Noch immer spürte er die unheimliche Präsenz, wenn auch nur als schattenhafte Erinnerung.

Als Tim die Hütte am nächsten Morgen verließ, war die Landschaft um ihn herum unverändert. Erblaut vor Kälte blickte er zurück auf das einsame kleine Gebäude. Aus sicherer Entfernung holte er sein Handy hervor, das auf einmal wieder funktionierte. Auf dem Display blinkte eine einzige ungelesene Nachricht: „Frohes Neues Jahr, lieber Gast. Bis zum nächsten Mal.“

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