Boris hatte seit Monaten schreckliche Albträume. Immer war es derselbe: Ein gewaltiger, dunkler Gang, der scheinbar ins Nichts führte. Er hörte Schritte hallen, aber als er sich umblickte, war es unmöglich, die Quelle auszumachen. Die Dunkelheit war unaufdringlich, allgegenwärtig. Ohne Herausforderung oder Routine verwandelte sich seine Schlafstätte in ein Labyrinth der Schatten, Echo seiner eigenen Schritte, die sich im Endlosen verloren.
Doch eines Tages, nach einer weiteren schlaflosen Nacht, trat der Traum aus dem Raum der Wirklichkeit heraus. Boris hörte die Geräusche in seiner Wohnung, obwohl er alleine war. Abgeschreckt versuchte er, die Quelle des Klangs auszumachen. Als er das Echo in den Flur folgen wollte, hätte ihn das Elend fast in die Knie gezwungen. Die ununterbrochene Kakophonie von Nachbeben, lautlos, aber unentrinnbar präsent, nahm ihm den Atem.
Boris rief einen befreundeten Toningenieur an, der spekulative Programme zur Echounterdrückung hatte. Sie überwachten seine Wohnung, aber fanden nichts Ungewöhnliches. Alles war still und normal, aber das Echo blieb. Sie konnten nicht einmal sagen, was da widerhallte. Aber Boris hörte es. Er konnte es nicht ignorieren.
Er suchte Hilfe bei einem Psychiater, aber alle Tests waren unauffällig. Er begann, verschiedene Medikamente zu nehmen, um seine auditiven Halluzinationen zu kontrollieren, aber sie waren zwecklos. Die Ärzte rieten ihm, nach Hause zu gehen und sich auszuruhen, dass es in seinem Kopf sei und er einen Weg finden würde, damit klarzukommen. Das Echo blieb.
Boris musste nun mit diesem unnatürlichen Phänomen leben. Er fühlte sich isoliert, nicht nur vom Rest der Welt, sondern auch von sich selbst. Das Echo war wie ein Phantom, das nur er sehen und fühlen konnte. Er verbrachte die meiste Zeit alleine, da das Echo ihn begleitete, egal was er tat. Er konnte nicht länger die Realität von dem Alptraum unterscheiden.
Tage gingen in Wochen über, Wochen wurden zu Monaten und das Echo verlor nie seinen Biss. Bis eines Tages, völlig unerwartet, der Klang endlich verschwand. Boris war erleichtert, er konnte den Frieden wieder spüren, das einfache Vergnügen der Stille. Er konnte wieder frei denken, frei leben. Aber die Erleichterung war kurzlebig.
Während er seine abendliche Tasse Tee trank, bemerkte Boris plötzlich einen neuen Klang. Etwas Feines, Flüsterndes. Ein Geräusch, das ähnlich klang wie… Stimmen. Hunderte von ihnen, die alle gleichzeitig sprachen, so leise, dass er nicht ausmachen konnte, was sie sagten, nur dass sie da waren. Und dass sie nicht mehr widerhallten. Sie waren da, direkt in seinem Kopf.
Hippokrates sagte einmal, „Mondschein kann der Verstand verderben“. Boris wusste, dass nicht der Mondschein, sondern das Echo war, das seinen Verstand zerrüttet hatte. Der Einbruch der Stimmen war der letzte Schlag, ein kurzer Augenblick der Stille, bevor sie wieder da waren, und diesmal waren sie gekommen, um zu bleiben.