Er wachte auf und starrte in die Dunkelheit. Sein Herz raste und das dumpfe Pochen schallte in seinen Ohren. Um ihn herum war alles still – zu still. Sein Blick glitt instinktiv zur digitalen Uhr auf seinem Nachttisch. 3:15 Uhr morgens. Die tote Stunde.
Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken als er es wieder hörte. Das Flüstern. Ein melancholischer Klang, der direkt von der dunkelsten Ecke seines Zimmers zu kommen schien. Die Worte waren unverständlich, aber der Ton war hypnotisierend und erschreckend zugleich.
Er versuchte, seine Atmung zu kontrollieren, sich zu beruhigen. Er sagte sich selbst, dass es nur seine Einbildung war, vielleicht ein böser Traum, der noch in seinem Kopf hängengeblieben war. Er drehte sich um, aber das Flüstern wurde lauter, klarer.
Er zog die Bettdecke bis ans Kinn. Schweißnass und zitternd streckte er seine Hand aus und griff nach dem Handy auf seinem Nachttisch. Seine Finger waren klamm vor Angst und sein Verstand war in einem wilden Wirbel aus Panik und Verwirrung gefangen.
Er öffnete die Taschenlampe an seinem Handy und richtete sie auf die dunkle Ecke, aus der das Flüstern zu kommen schien. Ein Schrei blieb ihm in der Kehle stecken. Für einen Bruchteil einer Sekunde sah er ein Gesicht. Ein abgemagertes Gesicht, umgeben von länglichem, zerzaustem Haar. Aber als er erneut den Lichtstrahl in die Ecke warf, war dort nichts mehr.
Das Flüstern wurde jedoch intensiver und seine Worte formten sich langsam in seinem Kopf, als ob sie direkt in sein Bewusstsein eingeschrieben würden: „Du bist nicht allein.“
Mit dem Herzen in der Kehle schoss er aus dem Bett, stolperte blindlings zur Tür, riss sie auf und stürzte ins Wohnzimmer. Dort gab es mehr Licht, mehr Raum. Und doch war das Flüstern immer noch da, immer noch gleich laut.
Er suchte wild nach seinem Telefon, rief die Polizei. Als er der Stimme am anderen Ende des Telefons halb hysterisch von dem Flüsterer erzählte, stieß sie einen schrillen Lacher aus und fragte, ob er etwas getrunken hätte.
Das Flüstern ging weiter. „Du bist nicht allein“, immer und immer wieder. Er konnte es nicht mehr ertragen. Er stürzte zu dem raumhohen Spiegel, der an der Wand neben seinem Sofa hing. Ein verzweifelter Versuch, das unsichtbare Wesen zu sehen.
Was er sah, ließ sein Blut erstarren. In der Spiegelung stand er nicht allein. Neben ihm stand ein blasses, abgemagertes Wesen, das ihn mit funkelnden Augen ansah. Und sein Mund bewegte sich in der stummen Wiederholung: „Du bist nicht allein.“
Er wirbelte herum, um dem Wesen gegenüber zu stehen, aber es war nichts da. Er schrie und warf den Spiegel zu Boden. Die Scherben reflektierten das Mondlicht und er glaubte, in jedem Stück das Gesicht des Wesens zu sehen.
Und immer noch das Flüstern. „Du bist nicht allein.“ Er sank zu Boden, die Hände fest gegen seine Ohren gepresst, doch das Flüstern wurde nur lauter und die Worte immer klarer.
Das Morgengrauen fand ihn regungslos inmitten von Glasscherben. Flüstern in seinem Ohr, dumpf und doch unaufhörlich. „Du bist nicht allein.“ Und das Furchterregendste daran: Er war sich nicht mehr sicher, ob er das überhaupt wollte.