jeden Tag eine Geschichte
Verlorene Echoes

Verlorene Echoes

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Im Herzen des digitalen Nichts, da war es. Echo3535, ein verlassenes Profil in der endlosen Weite des sozialen Netzwerks „LifeWeb“. Es war wie jedes andere Profil gewesen, ein Ort des Teilens, Verbindens und Manchmal-über-die-Probleme-des-Alltags-Jammerns. Bis der Benutzer aufhörte zu posten.

Es begann mit alltäglichen Posts und Chats, Freundschaftsanfragen und Bildern von Haustieren. Doch dann kamen die sonderbaren Audioschnipsel. Ein Flüstern im Wind, das fatalistische Plappern eines nicht identifizierbaren Tieres, das entfernte Klirren von Glas, das in Echtzeit zerbrach. Und schließlich – fünftägiges Schweigen.

Die digitale Welt zuckte mit den virtuellen Schultern und fuhr mit ihrem täglichen Treiben fort, in Echo3535’s Leben zu schnüffeln und Katzenvideos zu teilen. Bis die Schreie begannen. Anfangs waren sie leise, kaum hörbar. Sie füllten die Aktivitäts-Feed und verschwanden schnell unter all den anderen, unbedeutenden Posts.

Die Schreie wurden jedoch lauter. In den Klängen hörte man Verzweiflung, Angst, Schmerz. Und dann – eine atemberaubende Stille. Das Profil wurde zur Geisterstadt: keine neuen Posts, keine Antworten, keine Aktivität. Aschfahl reihten sich die letzten, schrillen Audioschreie in das Archiv an unvollständigen Sätzen und offenen Diskussionen ein. Sie hallten in der digitalen Stille wider, trugen ihre Schreie in jeden Winkel des Internet.

David, ein jugendlicher LifeWeb-User, war fasziniert und beunruhigt. Er klickte durch das Profil, hörte die Schreie, spürte die prägnante, zerschlagene Stille danach. Mit jedem Klick bohrte sich ein Schauer tiefer in sein Rückgrat. Aber er war neugierig und wollte mehr wissen. Was war passiert? Wo war der Benutzer? War das alles nur ein makabrer Scherz?

David begann zu graben. Er stöberte in Foren, durchforstete alte Posts, versuchte Echo3535’s Identität herauszufinden. Wochen vergingen. Bis er eines Nachts eine Nachricht von Echo3535 erhielt. „Hilfe, ich bin noch hier.“ Es war ein Echo aus der Dunkelheit, ein Flehen aus der Stille.

Aufgeregter Puls, schnelle Atemzüge und Schweißausbrüche plagten David, als er zurück antwortete. Aber es kam keine Antwort. Er versuchte es erneut, und ein weiteres Mal, dann noch einmal. Keine Antwort. Tage vergingen und David war sich bereits sicher, dass das alles nur ein Scherz war. Bis er bemerkte, dass Echo3535 „online“ war.

Er drückte seine Finger auf die Tastatur, zeigte seine Besorgnis, forderte Antworten. Aber es gab keine. Was passierte dann, bleibt noch immer undefiniert: das Bildschirmlicht flackerte, und in dem Moment, als die Verbindung wieder hergestellt wurde, war Echo3535 offline. Abgemeldet. Verschwunden. Erneut.

Die Stille übernahm wieder die Kontrolle. Hours turned into days, days into weeks. Echo3535 – immer noch verschwunden. David – immer noch ratlos. Und dann, eines Nachts, ein Klang. Das Tapfer zwischen den Zweigen, das Keuchen des Windes, das Rascheln des Grases. Es schallte durch die digitalen Mauern, der Sound seines eigenen Atmens… mehr ein Hauch als ein Echo.

Bis heute wartet David darauf, dass das Echo zurückkehrt, auf die nächste Nachricht. Jedes Mal, wenn er online geht, blickt er auf das verwaiste Profil, horcht in die Stille, wartet. Was ist mit Echo3535 geschehen? Wer war er – oder sie? Eine gedankliche Frage, die niemals beantwortet wurde, hängt in der Ewigkeit der digitalen Finsternis. Und in der Zwischenzeit hallt das Echo immer noch, verloren und vergessen, an den Wänden des LifeWebs.

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