jeden Tag eine Geschichte
Vergessen in der Asche

Vergessen in der Asche

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Das dumpfe Hämmern hallte durch den leeren Raum, während Nathan frustriert auf seiner Tastatur herumtippte. Schon wieder eine verkorkste Kette von Codezeilen. Es war spät, um genau zu sein, frühe Morgenstunden. Nathan arbeitete als Freelance-Programmierer und das riesige Projekt, das er aktuell auf dem Tisch hatte, frisste jede Sekunde seiner Zeit.

Plötzlich vibrierte sein Handy. Eine unbekannte Nummer. Auf dem Bildschirm blinkte eine einzige Nachricht auf: „Wir sehen uns im Spiegelhaus – 3 Uhr.“

Nathan war verwirrt. Das Spiegelhaus war eine verlassene Spielhalle am Stadtrand, die schon seit Jahren vergessen schien. Eine ehemalige Kinderfreude, die nun mehr einem gespenstischen Alptraum glich. Wer würde ihn dorthin einladen und warum? Zunächst wollte er die Nachricht ignorieren, doch eine kaum greifbare Neugierde ließ ihn nicht los.

Er machte sich auf den Weg. Die Dunkelheit der Nacht umhüllte die leerstehenden Gebäude und schien jede Bewegung zu verschlingen. Das Spiegelhaus, das vor ihm aufragte, hatte nichts mehr von seiner einst luxuriösen Anziehungskraft. Unzählige, blinde Spiegel blickten ihn an, spiegelten nichts, als das matte Licht, das von der schwach leuchtenden Straßenlaterne herunterfiel.

Er betrat das Gebäude und wurde von einem eisigen Hauch begrüßt. Im Zentrum des Raumes stand ein großes Karussell aus Spiegeln, jeder einzelne sorgfältig geformt, um die Realität zu verbiegen und zu verzerren. Er zog sein Handy hervor und leuchtete damit in den Raum. In der Ferne erklang ein leises Knistern, wie das einer sterbenden Flamme.

Das Geräusch kam aus dem hintersten Raum, wo die Spiegelausstellung zu Ende war. Nathan wagte es, durch die Tür zu gehen und fand sich in einem kleineren Raum wieder, an dessen Mitte ein Aschehaufen lag. Angespannt schaute er sich im Raum um und war überrascht, als er bemerkte, dass die blinde Spiegelwand hinter der Asche sich in einen kristallklaren Spiegel verwandelt hatte. In dessen Reflektion erblickte er eine Silhouette.

Die Gestalt, zu abstrakt um menschlich zu sein, bewegte sich anders als er. Und während Nathan starren blieb, begann sie auf ihn zuzugehen. Dann hob sie ihre Arme und streckte ihre langen, schattenhaften Finger nach ihm aus.

Nathan sprang vom Schrecken gepackt zurück. Das war unmöglich! Selbstmordgedanken quälten sich ins Wachbewusstsein, als das Wesen in seinem Spiegelbild sich über die Asche beugte und sie zu berühren schien. Plötzlich loderte ein scheußliches Abbild einer lodernden Flamme im Spiegelbild auf und schien die Figur zu verschlingen. Nathan schrie und stolperte rücklings aus dem Raum.

Der Schrecken saß ihm im Nacken, als er das Spiegelkarussell durchquerte und das Gebäude verließ. Erst als er sein Auto erreichte, erlaubte er sich zu atmen. Nie wieder würde er einen teuflischen Ort wie diesen betreten.

Noch Monate danach versuchte Nathan das Erlebte zu verarbeiten. Wer hatte ihn zu diesem Ort gelockt? Und was hatte er in diesem Spiegel gesehen? Die Asche, die Flammen, der dunkle fremde Schatten… allein der Gedanke ließ seinen Körper erschauern. Was, wenn dieses Wesen in der Asche begraben lag und durch den Spiegel auf die Freiheit hoffte? Oder hatte ihm jemand eine Lektion erteilen wollen, vielleicht über die dunkle Seite der Technologie? Fragen, die ihm keine Ruhe ließen und jede Nacht rastlos machten. Vergessen in der Asche, begraben im Spiegel – und doch irgendwie lebendig in Nathans Albträumen.

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