jeden Tag eine Geschichte
Verfluchter Morgen

Verfluchter Morgen

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Als Sarah am Morgen aufwachte, fühlte sie ihre Sinne verschwommen, wie in einem dichten Nebel. Der Himmel draußen war düster, die Sterne verborgen und der Vollmond hing drohend am Himmel, schüchtern durch den leichten Nebel hindurch leuchtend.

Sie stand auf, stolperte zur Küche, um sich einen Kaffee zu machen. Als sie den Kühlschrank öffnete, flatterte ein kalter Wind heraus und ließ die Kerzen auf der Anrichte flackern. Eine dumpfe Kälte durchzog den Raum, die sie bis ins Mark spüren konnte. Eine bedrückende Schwere lag in der Luft, düster und schwer zu ertragen.

Sarah zog sich hastig etwas über und stieg in ihr Auto. Aber als sie den Motor starten wollte, stotterte er nur, funkte ein paar Mal und verstummte dann ganz. Sie hörte nur die krächzende Stille, unterbrochen vom Knistern der kalten Luft. Der Kühler sprang nicht an, obwohl der Benzintank voll war und sie das Gefühl hatte, allein durch das Ausströmen ihrer Wärme den Motor zum Laufen bringen zu können.

Sie beschloss, zur Arbeit zu laufen. Die bekanntesten Landmarken ihrer gewohnten Strecke erschienen ihr fremd, unheimlich und beängstigend. Der Baum in ihrem Vorgarten, der sonst so lebendig und grün erschien, stand heute kahler und unheilvoller als je zuvor da. Der Teich im nahegelegenen Park, sonst voller Enten und Frösche, war heute starr und dunkel wie die Oberfläche eines Spiegels.

Als sie ins Büro kam, war niemand da. Nur ihr ratternder Computer und der flackernde Monitor gaben Zeichen eines Lebens. Sie versuchte, ihre Arbeit zu erledigen, aber ihre Gedanken schweiften immer wieder ab, unfähig, sich auf etwas zu konzentrieren. Sie hörte, wie ihr Herz in ihrer Brust pochte, wie das Ticken einer tickenden Zeitbombe. Alles um sie herum schien still und unbewegt.

Als es schließlich Zeit war, nach Hause zu gehen, entdeckte sie auf ihrem Heimweg eine Gestalt, stumm und schattenhaft, mit leeren Augen und einem Lächeln, das ihr Blut gefrieren ließ. Sie griff hastig nach ihrem Handy, um die Polizei zu rufen, aber die Ziffern auf dem Bildschirm verschwammen und wurden unleserlich. Ohne die Hilfe ihrer Technik, fühlte sie sich verletzlich und hilflos.

Nun in absoluter Panik versuchte sie, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen. Aber der vertraute Weg führte in immer fremdere Straßen, in eine gigantische Schattenlabyrinth, das sich stetig zu verändern schien. Der Schatten folgte ihr immer noch, immer näher kommend, jedes Mal, wenn sie sich umdrehte, trat er einen Schritt näher, bis sie die kalte Brise spürte, die von ihm aus zu wehen schien.

Angekommen zu Hause, fand sie die Tür offen. Alles war dunkel und still. Ein kalter Windzug durchflutete das Haus, ließ die Vorhänge flattern und ließ die alten Dielen unter ihren Füßen knarren. Der Schatten trat in die Tür, sein Lächeln kräuselte sich zu einem zynischen Grinsen.

Sie war allein. Ihr Herz raste, ihre Lunge fühlte sich an, als würde sie jeden Moment kollabieren. Doch sie fasste Mut, trat vor und schrie den Schatten an, ihn herauszufordern. Aber der Schatten lachte nur leise und verschwand, ließ Sarah allein mit ihrem eigenen Echo.

Der Morgen dämmerte wieder, grau und kalt. Sarah wachte auf und alles schien normal. Die Sonne schien, der Kaffee brodelte in der Maschine, das Haus war warm und einladend. Aber der Schrecken der letzten Nacht hing immer noch über ihr, stumm und fordernd. Der Schatten war fort, aber die Angst blieb. Sarah wusste, dass nichts mehr so sein würde, wie es einmal war. Der verfluchte Morgen hatte ihren Frieden für immer gestört.

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