jeden Tag eine Geschichte
Verborgene Pfade

Verborgene Pfade

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Die Kamera rollte, als Jaden und seine Freunde sich durch den dichten Wald schoben. Sie waren sogenannte „Urban Explorers“ und hatten sich auf mysteriöse Orte spezialisiert, wobei sie heute tief in die Unberührtheit eines Wäldchens eindrangen, von dem Flüstergeschichten von alten Pfaden und verborgenen Wahrheiten erzählten.

Karla, die einzige Frau in der Gruppe, wies auf ein seltsames Symbol an einem Baum hin, das wie ein Fingerzeig wirkte. Eine spiralförmige Markierung, behauene Steinbrocken daneben. Sie folgten ihm, nicht ahnend, dass sie einen verschlungenen Pfad betraten, den kaum ein Mensch zuvor gesehen hatte.

Sie kamen an eine Felsspalte, die beim genauen Betrachten einem unheimlich grinsenden Gesicht glich. Jaden fühlte eine unerklärliche Kälte, die sich wie unsichtbare Finger um seine Haut legte. Er zog seine Jacke enger um sich und räusperte sich, um seinen aufkeimenden Horror zu überspielen. Trotzdem drangen sie tiefer in das unheimliche Dunkel ein, getrieben von ihrer Neugier und dem Wunsch, etwas wirklich atemberaubendes zu entdecken.

Es dauerte nicht lange, bis sie auf eine verborgene Kammer stießen. Die Wände waren mit unverständlichen Hieroglyphen bedeckt, die in das uralte Stein gemeißelt waren. In der Mitte der Kammer befand sich ein altertümlicher Altar, und auf ihm ein verwittertes Buch, dessen Seiten vom Zahn der Zeit gefressen wurden. Jaden, fasziniert von der Entdeckung, hob das Buch sorgfältig hoch und blätterte eine Seite um.

Auf ein Wort formten seine Lippen die fremdartigen Symbole, ein Geräusch, das sie in die tiefste Stille des Raumes hinein riefen. Plötzlich durchzuckte ein gewaltiges Beben die Kammer. Die Luft schien zum Leben zu erwachen und die Wände mit den Hieroglyphen zu flüstern.

Die Gruppe rannte, getrieben von der plötzlichen Gefahr. Doch der Pfad, den sie gekommen waren, war verschwunden, verschluckt von einer undurchdringlichen Wand dichten Gestrüpps. Sie waren gefangen in einem verborgenen Pfad, den sie selbst freigelegt hatten und der nun wie eine hungrige Bestie nach ihnen schnappte.

Jaden fand sich auf einmal wieder alleine am Altar. Wo waren seine Freunde? Die Kamera auf dem Boden, ihr Licht ein einsamer Stern im Dunkel der Kammer. Er hob sie auf, schickte den letzten Blick in die Linse. Sein Gesicht war kreidebleich, die Augen weit aufgerissen vor Angst. Ein leises Flüstern war zu hören, dann ging die Kamera aus.

Auf dem Video, das später auf ihrem Blog zu finden war, wurde immer wieder die letzte Szene pausiert und vergrößert. Man erkannte Jadens verzerrtes Gesicht, das Grauen in seinen Augen und im Hintergrund eine Gestalt, die nicht menschlich aussah. Die Worte, die Jaden vor dem Ausgehen der Kamera gesprochen hatte, waren auf einmal überdeutlich zu verstehen: „Wir sind nicht alleine.“

Die Geschichte endete hier. Jaden und seine Freunde blieben verschollen. Die verborgenen Pfade des Waldes, einmal enthüllt, hatten ihre Geheimnisse streng bewahrt. Und die Menschen, die nach ihnen suchten, fanden nur Videos, Flüstergeschichten und einen immerwährenden Schauder, der sie begleitete, wann immer sie an den Rand des Waldes kamen.

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