jeden Tag eine Geschichte
Spurlos verschwunden

Spurlos verschwunden

836

Es fühlte sich an wie ein normaler Tag in dem kleinen verschlafenen Ort Fernwood, ein Ort, an dem die Dinge normalerweise ruhig und vorhersehbar waren, ein Ort, der auf einem mysteriösen Verschwinden nicht vorbereitet war.

Amy, die fröhliche Kellnerin vom ‚Sundae Diner‘, war am gestrigen Morgen einfach nicht zur Arbeit erschienen. Ein ungewöhnlicher Vorfall, da Amy das servile Symbol des Diners war und niemals unangekündigt fehlte. Ihre Kollegen und Freunde waren besorgt. Ihre Wohnung wurde durchsucht, doch es gab keine Hinweise auf ein kämpferisches Aufgeben oder ein überstürztes Packen. Es war, als wäre sie in Luft aufgelöst.

Die Polizei von Fernwood war ratlos. Die einzige Anomalie war ein angekommener Anruf auf Amys Handy am Vorabend ihres Verschwindens. Die Nummer, ein unbekannter Anrufer, konnte keinem Besitzer zugeordnet werden. Das Gespräch wurde wie üblich aufgezeichnet und war überraschend banal. Eine kühle, dröhnende Stimme bestellte eine Lieferung von Sundae Diner Spezial-Burgern. Amy gab ihm die Adresse und verabschiedete sich wie gewohnt freundlich.

Unbeirrt und mit einem mulmigen Gefühl im Magen suchte man das angegebene Haus auf. Doch zu aller Überraschung existierte dieses Haus nicht mehr. Es war vor langer Zeit abgebrannt und seitdem unbewohnt. Eine kühle Gänsehaut, zusammen mit einer Atmosphäre des Unheimlichen, hüllte sie ein.

Wochen gingen vorbei und der Fall Amy ließ die Bürger von Fernwood nicht los. Die Suche blieb fruchtlos. Man hörte Geschichten über andere Kellner, zuerst in nahe gelegenen Städten und dann im ganzen Land, die ebenfalls spurlos verschwanden. Das einzige gemeinsame Element war ein mysteriöser Telefonanruf und eine nicht existierende Lieferadresse.

In dem Versuch, Antworten zu finden, suchten sie Hilfe bei einem technischen Experten, der den Ursprung des unbekannten Anrufs zurückverfolgen konnte. Doch als er die Nummer in sein System eintippte, erbleichte sein Gesicht. Er starrte auf seine Bildschirme, seine Augen weiteten sich vor Entsetzen. Die Nummer gehörte keinem Mobilfunkanbieter. Sie war einer verlassenen Radiowellenfrequenz zugeordnet, die weit in den 40er Jahren ihr Signal verloren hatte.

Die Wahrheit war noch unglaublicher. Die Funkfrequenz war von einer kleinen Versuchseinrichtung in der Nähe von Fernwood genutzt worden, die während des zweiten Weltkriegs experimentelle Technologie zur Kontaktaufnahme mit Submarinen entwickelte. Ein schiefgelaufenes Experiment ließ die Station in Flammen aufgehen und tötete dabei alle Wissenschaftler. Die Frequenz verlor ihr Signal und wurde offiziell außer Betrieb genommen.

Das Mysterium bleibt ungelöst. Wer war am anderen Ende des Anrufs und wo sind die verschwundenen Kellner? Das Echo dieser Frage hallt bis heute in Fernwood und lässt jeden Telefonanruf ein wenig gruseliger erscheinen. Und manchmal, in der dunklen Stille der Nacht, verirren sich die Bewohner von Fernwood zu dem abgebrannten Haus, in der Hoffnung auf Antworten, finden aber nur den kalten Wind der Ungewissheit.

Facebook
X
LinkedIn
Facebook
WhatsApp