Es war ein typischer, trüber Samstagabend in dem kleinen Dorf am Rande des Waldes. Die Blätter färbten sich dunkelrot und die Welt bereitete sich auf den Winter vor. Leia, eine scheue Teenagerin, beschloss, sich an diesem Abend ein wenig von der Außenwelt zurückzuziehen und ihre Zeit mit ihrer neuesten Errungenschaft zu verbringen – einem geheimnisvollen, alten Buch, das sie auf einem Flohmarkt gefunden hatte.
Das Buch war merkwürdig, eingehüllt in einen Stoff, der sich älter anfühlte als alles, was sie jemals berührt hatte, und gefüllt mit Zeichnungen, die sie als Symbole der Finsternis interpretierte. Die Seiten des Buches trugen keine Worte, nur Bilder, die, wenn man sie richtig ansah, Geschichten erzählten.
Stundenlang starrte sie auf die Bilder, studierte jeden Strich und jede Kurve, jede Handbewegung, die die Zeiger auf den gezeichneten Uhren machten. Langsam entwirrte sie die Geschichten dahinter und begann, die dunkle Magie zu spüren, die das Buch in sich trug.
Mit jeder Seite, die Leia umblätterte, fühlte sie, wie die Dunkelheit in ihr erwachte, wie das Buch ihre Energie aufsaugte und ihr den Atem raubte. Doch sie konnte nicht aufhören, obwohl ihr bewusst wurde, dass jede Seite sie näher an den Rand ihrer Wirklichkeit führte. Jedes Bild, jede Geschichte zeichnete sich in ihren Geist, obwohl sie versuchte, sich dagegen zu wehren.
Je tiefer sie in das Buch eindrang, desto tiefer drang die Finsternis in sie ein. Bis sie schließlich das letzte Bild erreichte. Es war das Bild einer jungen Frau, die genauso aussah wie sie. Sie schien aus der Seite heraus direkt in ihre Seele zu blicken. Als Leia ihre Finger darauf legte, riss das Buch sie in einen wirbelnden Strudel der Dunkelheit. Was nur Sekunden zu sein schien, fühlte sich wie eine Ewigkeit an, während die Dunkelheit sie umarmte und sich in jede Faser ihres Seins hineinzog.
Als Leia wieder aufwachte, war sie nicht mehr in ihrem gemütlichen Zimmer. Alles um sie herum gehörte zur Dunkelheit, sie war in der Welt des Buches gefangen. Sie konnte den Duft der Finsternis riechen, den Klang der Dunkelheit hören, die Dunkelheit in ihrem Herzen spüren. Sie stand auf, sah sich um und realisierte, dass sie nicht mehr Leila war, die schüchterne Teenagerin aus dem kleinen Dorf. Sie war das Mädchen aus dem Buch, die Herrin der Finsternis.
In ihr erwachte eine neue Kraft, ein neues Verlangen, das sie noch nie zuvor gespürt hatte. Sie fühlte, wie ihr altes Ich verschwand und Platz für etwas Dunkles und Furchterregendes machte.
Als sie ihr neues Reich antrat, fragte sie sich, was aus ihrem alten Leben geworden war. Vielleicht existierte es noch, vielleicht auch nicht. Das war jetzt egal. Hier war Leia die Königin, die Herrin über die Dunkelheit, die Waldesfinsternis selbst. Und sie hatte das Gefühl, dass dies erst der Anfang war.