Nachtschwärmer hoch oben in der Skyline. Lachende Gesichter, tanzende Körper, High-Fives verteilt in den Farben einer Weltraumparty: Neongrün, Indigo, rosa Blitzlichter. Doch in der Menge des Rauschs gab es zwei Augen, die eine andere Szene beobachteten. Abseits des Trubels, der überfüllten Dachterrasse, das größte Teleskop, das Amy je gesehen hatte. Es lenkte den Blick auf die Nacht ohne Sterne.
Gefesselt von der Tragweite des Universums, lenkte sie das gigantische Auge zur Unendlichkeit. Doch etwas war falsch. Wo Monde und Satelliten hätten sein sollen, wo Sterne und Galaxien ihr Licht hätten werfen sollen, herrschte nichts als Finsternis. Ein Schauder lief über ihren Rücken. War das Teleskop kaputt?
Aber dann bemerkte sie etwas. Ein Fleck in der Schwärze. Es war so, als ob ein Stück der Finsternis noch dunkler wäre als ihr Rest. Amy zoomte darauf zu und fand einen endlosen Abgrund, der sie ansog. Ein pechschwarzes Loch, das sich anfühlte, als ob es sie verschlingen wollte.
Ein Schrei entfuhr ihr. Sie fuhr zurück, stolperte und fiel auf den Boden. Die Musik, das Lachen, es wirkte nun so fern. Der Gedanke an das, was sie gerade gesehen hatte, verzehrte sie. Sie rannte ins Haus, rannte in ihr Zimmer, aber das Bild ließ sie nicht los. Es war, als ob sie in den dunkelsten Teil ihres eigenen Geistes geschaut hätte. Es war ein Bild, das sie nie mehr losließ.
Nächste Nächte verbrachte sie schlaflos, kurzschloss das Teleskop und zog die Vorhänge zu. Aber es war, als ob das dunkle Loch sie aufsuchte. Als ob es gerade dort war, immer bei ihr im Dunkeln. Und jedes Mal, wenn sie die Augen schloss, sah sie es wieder. Dieser dunkle Fleck.
Amy konnte es nicht mehr ertragen. Sie musste es jemandem sagen, jemandem zeigen! Sie nahm ihren besten Freund Luke in die Wohnung, führte ihn auf die Terrasse, am Teleskop vorbei. Ihr Finger zitterte, als sie auf die Stelle im Universum wies und zu ihm sagte: „Schau dort hin!“
Lukes Augen verengten sich und er starrte hinein. Dann wurde sein Gesicht bleich. „Amy…“, seine Stimme war kaum hörbar, „… ich sehe nichts. Es sind überall Sterne. Wo sollen da dunkle Flecken sein?“
Amys Herz klopfte wild. Was bedeutete das? Warum sah nur sie dieses dunkle, zerfressende Loch? War sie verrückt geworden? Sie war alleine. Alleine mit dem Dunkel. Aber das Dunkel war nicht alleine mit ihr. Es wurde Teil von ihr, eine unausweichliche Dunkelheit, die in ihr wohnte. Etwas, das sie verschlingen wollte, etwas, das sie schon verschlungen hatte.
Nacht für Nacht verbrachte sie nun schlaflos, wartend auf einen weiteren Blick in die Dunkelheit, den sie mehr fürchtete als alles andere. Die Nacht ohne Sterne war gekommen. Und sie war geblieben, in den Tiefen ihres Geistes, in den Abgründen ihrer Seele. Unendlich und unerbittlich wie das Loch, dass sie ins Nichts starrte und sich ausbreitete, stets präsent, selbst wenn die Sonne hoch am Himmel stand.
Amy sah von nun an nur noch Dunkelheit. Kein Licht, keine Hoffnung, nur das Dunkel, das sie in ihren Albträumen verfolgte. Und es gab kein Entrinnen, kein Erlöschen der Nacht ohne Sterne.