Es begann mit einem Unbekannten, der auf dem gemütlichen Marktplatz unserer Stadt auftauchte und ein unscheinbares, schwarzes Pflänzchen verkaufte. „Ein Geschenk für das junge Paar! Eine einzigartige Pflanze zur Feier ihrer Liebe“, sagte er und verschwand schnell, bevor jemand Fragen stellen konnte.
Die Pflanze wuchs und gedieh. Ihre schwarze Blüte war ein Paradoxon der Schönheit, faszinierend und beunruhigend zugleich. Die Leute kamen, um die außergewöhnliche Pflanze zu sehen. Die jungen Eltern, Sophie und Liam, pflegten sie sorgfältig und stellten sie in ihrem Wohnzimmer aus.
Nach ein paar Wochen bemerkten sie, dass die Pflanze nachts glühte und flüsterte. Laute, die wie Windböen klangen, wurden zu Melodien und dann zu flüsternden Stimmen. Bald war das Haus des jungen Paares mit unheimlichen Geräuschen erfüllt.
Und dann kam der Tag, an dem die flüsternden Stimmen Worte bildeten. Zuerst sagten sie einfach „Blüte“. Dann „schwarze Blüte“. Und schließlich, „schwarze Blüte, gib uns bitte Leben“.
Sophie und Liam waren ängstlich, aber fasziniert. Sie taten, was die Stimmen verlangten, und kümmerten sich noch mehr um die Pflanze. Aber je mehr sie sich kümmerten, desto größer wurde die Pflanze und die Stimmen wurden immer lauter. Schließlich wurden die Worte zu Schreie, „Leben, Leben, Leben!“
Sophie und Liam verstanden, dass etwas nicht stimmte. Sie versuchten die Pflanze zurückzuschneiden, sie zu zerstören – aber es war zu spät. Die schwarze Blüte hatte ihre Wurzeln bereits tief in ihrem Haus und in ihren Leben geschlagen. Es sprach durch die Wände, durch ihr kleines Baby, durch sie selbst.
Eines Nachts, als die Schreie des Babys mit dem Keuchen der Pflanze in einer unnatürlichen Symphonie verschmolzen, stand Sophie auf und nahm das Baby in den Arm. Die schwarze Pflanze schlängelte sich herum und zischte. Als erste Sonnenstrahlen das Kinderzimmer streiften, öffnete sich die Blüte und enthüllte einen dunklen Abgrund, und in seine Schwärze schwappten die verzweifelten Schreie der Pflanze.
Sophie starrte nur auf die schwarze Blüte und dann in die Augen ihres Babys. Sie wusste, dass sie die Bedrohung stoppen musste. Bevor sie handeln konnte, griff die Pflanze nach dem Baby. Die junge Mutter schrie auf und kämpfte darum, ihr Kind zu halten, während die Pflanze sie langsam in ihren dunklen Abgrund zog.
Gleichzeitig war die Stadt in Schlaf versunken, zu weit entfernt, um die Schreie zu hören, nah genug, um ihren nächsten Morgen zu beginnen, unwissend über die gruselige Änderung, die in dem kleinen gemütlichen Haus stattfand.
Als die Sonne aufging, endete das Weinen der Pflanze. Sophies Schreie verstummten. Alles war ruhig.
Die nächsten Tage gingen vorbei. Niemand hatte das junge Paar gesehen. Das Haus war still. Doch etwas hatte sich geändert – die Atmosphäre der Stadt war jetzt mit einer greifbaren Dunkelheit gefüllt. Die Blumen in den Vorgärten welkten, die Bäume schienen krank.
Im Haus der jungen Familie war nun eine riesige schwarze Blüte zu sehen. Die dunkle Blüte wirkte größer und kräftiger als je zuvor. Und dann begann es wieder zu flüstern, leise und kaum hörbar – „Leben, Leben, Leben!“…