jeden Tag eine Geschichte
Seelen ohne Ruhe

Seelen ohne Ruhe

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Sie waren dreizehn Teenager, immer auf der Suche nach etwas neuem, aufregendem, das ihr Leben brillant machte. Sie hatten von dem alten Gebäude gehört, einer ehemaligen Nervenheilanstalt am Rande der Stadt, jetzt nur noch eine zerbröckelnde Ruine, die mehr Geschichten zu erzählen hatte, als sie hören wollten.

Es war später Halloween-Abend, als sie sich entschlossen, das stampfende Herz des Wahnsinns zu besuchen. Durchzogen von schnatterndem Gelächter und düsteren Witzen drängten sie sich durch das rostige Tor und traten in das Gebäude ein. Beide Etagen des gewaltigen Gebäudes waren dunkel, die Fenster zersplittert und jede Ecke von der Zeit angegriffen.

Sie hatten Fackeln, Taschenlampen, eine Kamera und nichts, das als Spuk wahrgenommen werden könnte, würde sie erschrecken. Sie waren so sehr darauf bedacht, ihr lachendes Echo durch die stillen Korridore hallen zu lassen, dass das Flüstern, das sie durch das Gebäude führte, ihnen verloren ging.

Eine Stunde verging, dann zwei. Sie hatten mehrere Räume durchsucht, nichts beunruhigendes gefunden und begannen, sich zu langweilen. Das war, als sie den Operationssaal entdeckten. Im Gegensatz zu den anderen Räumen ragte dieser wie ein frisch gebranntes Feuer heraus, unberührt von den Schatten der Zeit, die im Rest des Gebäudes herrschten.

Einer nach dem anderen traten sie in den Raum ein. Ihr Gelächter wurde leiser und verstummte schließlich in der gespenstischen Stille, die sie umgab. In der Mitte des Raumes befand sich ein großes tafelartiges steinernes Objekt, ähnlich einem Operationstisch, darauf lag ein seltsames silbernes Instrument.

Übermut brachte einen von ihnen, Tom, dazu, das Instrument zu ergreifen. Kaum hatte er es berührt, als ein gewaltiger Windstoß das Gebäude erfasste, Türen und Fenster erzittern ließ und ein Heulen erzeugte, das wie eine verzweifelte Klage klang. Nach und nach gingen die Taschenlampen aus und sie standen in vollkommener Dunkelheit.

Panik ergriff sie im Griff, jeder versuchte, aus dem Raum zu fliehen, stieß dabei jedoch gegen Wände und Tische. Als ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnten, bemerkten sie die Gestalten, die plötzlich vor ihnen auftauchten – weiß und neblig, mit wütenden Gesichtern. Sie hoben ihre Arme, und Tom spürte, wie das Instrument aus seiner Hand gerissen wurde.

Das Heulen verstärkte sich, und das Gebäude erbebte so sehr, dass es schien, als würde es jeden Moment zusammenbrechen. Irgendwie fanden sie den Ausgang, stolperten hinaus in die kühle Nachtluft und rannten um ihr Leben.

Seit dieser Nacht werden sie von Albträumen geplagt, in denen sie die Gesichter der Geister sehen, die Rache fordern. Sie suchen Hilfe, aber kein Priester, kein Medium, keiner kann ihnen helfen. Ihre Leben sind ein ständiges Rennen, eine Flucht vor den Seelen ohne Ruhe, die sie in dieser Nacht in der ehemaligen Nervenheilanstalt entfesselt hatten.

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