Mitten in einer windigen, regnerischen Nacht, heulte Alex‘ Smartphone auf seinem Nachttisch. Mit schlaftrunkenen Augen, die erst durch das blendende Licht des Bildschirms geweckt wurden, las er die Benachrichtigung. Eine neue PN auf „Mystery Chat“, eine App, die er meist zum Spaß nutzte. Dort tauschte er sich mit Leuten aus, die, wie er, von Gruselgeschichten und übernatürlichen Phänomenen fasziniert waren.
Die Nachricht war von einem Nutzer namens „SeabedGazer“. Alex hatte diesen Namen zuvor nie bemerkt. „Hilfe“ war die Überschrift. Das ganze las sich wie eine Schnitzeljagd-Einladung. Geschrieben wurden nur Koordinaten – ziemlich kryptisch. In der unteren Zeile stand dann nur noch ein Satz, der ihn sofort hellwach machte: „Hör zu und du wirst es hören – den Schrei.“
Als eifrige Gruselfanatiker, neugierig und teilweise gelangweilt von der Realität, beschloss Alex nachzuforschen. Er setzte die Koordinaten in seine GPS-App ein und fand heraus, dass der Standort ein abgelegener Teil des örtlichen Strandes war. Etwas unsicher, aber mit einem brennenden Verlangen nach Abenteuer, beschloss er, es zu überprüfen.
Trotz des ungemütlichen Wetters machte er sich auf den Weg, fand den angegebenen Ort und stand mit seinem Regenschirm auf den nassen Sand, von tosenden Wellen und Windböen umgeben. Seine Augen suchten nach Anzeichen von irgendetwas Ungewöhnlichem, doch abgesehen von dem unheimlichen Heulen des Windes gab es nichts.
Dann bemerkte er eine blinkende rote Lichtquelle, wie von einem Leuchtturm, aus der Ferne auf dem Meer. Er richtete seine Augen darauf, sein Herzschlag beschleunigte sich, als er merkte, dass das Licht unter der Oberfläche des Meeres zu sein schien.
Schnell zog er seine Kopfhörer hervor und steckte sie kühn ins Ohr, obwohl der salzige Regen sie sofort durchweichte. Mit der App, die er immer für die Aufnahme von mysteriösen Sounds verwendete, drückte er auf ‚Aufnehmen‘ und hielt sein Handy in Richtung des blinkenden Lichts unter Wasser, den Wind und den Regen ignorierend.
Die Sekunden verstrichen, ohne dass irgendetwas passierte, aber dann hörte er es. Ein fernes, fast unhörbares Geräusch, das schließlich zu einem markerschütternden Schrei wurde. Es war kein menschlicher Schrei, sondern das Echo eines Kreaturen-Schmerzes, so tief, als käme es direkt aus dem Bauch des Ozeans. Es war, als ob das Meer selbst schrie.
Schockiert ließ er sein Handy fallen, aber der Laut des Schreis hallte immer noch in seinen Kopfhörern nach. Panik ließ seinen Körper erstarren, als der Schrei immer lauter und drohender wurde. Schließlich riss er sich die Kopfhörer vom Kopf und rannte vom Strand weg, immer noch den fernen Ton des Schreis in seinen Ohren hörend.
Zitternd und durchnässt betrat Alex seine Wohnung und warf sich auf das Bett, der Schrei immer noch in seinem Kopf. Er versuchte sich zu beruhigen, indem er sich Konten aus der alltäglichen Realität vorstellte, aber der Schrei, dieser Schmerz aus der Tiefe, hatte sich in seine Träume geschlichen – und ließ ihn seit dieser Nacht nicht mehr los.
Bis heute hat niemand die Herkunft dieses Schreis ergründen können, der so dunkel und tief war, dass er das stärkste Herz zum Flattern bringen konnte. Aber wenn du jemals lange genug am Strand stehst, inmitten der brüllenden Wellen und des stürmischen Windes, wirst du es vielleicht auch hören – Das Echo des unergründlich tiefen Schmerzes, den Schrei aus der Tiefe.