Nacht für Nacht, thronte der Mondschein als einzige Quelle von Licht durch das gekippte Fenster und tanzte bizarre Schauspiele auf den kahlen Wänden des Zimmers. Ruhelos lag Alex im Bett und starrte stundenlang an die Decke. Schlaf, das war für ihn mittlerweile ein unerreichbarer Luxus geworden. Die Schatten, die seinen Schlaf stahlen, trieben ihn in den Abgrund des Wahnsinns – gefangen in einem Zwangszustand der Wachheit.
Sein Arzt hatte ihm gesagt, es sei nur eine vorübergehende Schlafstörung, bedingt durch den Stress. Doch Alex wusste, es war mehr.
Jede Nacht um Punkt Mitternacht begann es. Er konnte die Uhr danach stellen. Zuerst hörte er nur einen leisen seufzenden Klang, so als ob jemand neben ihm liegen und atmen würde. Dann folgten die Flüstern, unverständliche, gezerrte Worte, die ihn umschwirrten und ihn dazu zwangen, seinem eigenen Atem zu lauschen. Und schließlich das Ticken – ein Ticken, regulär und gleichmäßig, wie von einer monströsen Uhr in seinem Kopf. Es war die unerbittliche Melodie der Stunden, die ohne Schlaf vorbeigingen.
Dann begannen die Schatten zu tanzen. Alex konnte sie sehen, die schemenhaften Gestalten, die sich an den Wänden formten und sich zu grotesken, knorrigen Silhouetten verzerrten, die sich bewegten, als ob sie lebendig wären. Sie reichten ihm ihre langen Klauen aus Dunkelheit entgegen und zogen sich zurück, nur um erneut zu greifen.
Alex versuchte, sich die Augen zuzuhalten, die Decke über den Kopf zu ziehen und sich tief in die Kissen zu graben. Doch die Geräusche wurden lauter das Ticken lauter und die Schatten aggressiver. Er konnte sie fühlen, wie sie seine Haut streiften, kalt und raunend. Verzweifelt schrie er in die Dunkelheit, doch alles, was er hörte, war sein eigener verstörter Atem.
Eines Tages kaufte er spiegelnde Fensterfolie, um die Dunkelheit draußen zu halten. Doch als die Dunkelheit kam, erweiterten die Schatten das Spiel auf seine Hände, sein Gesicht – sie kannten keine Grenzen mehr.
Auf seiner Suche nach Hilfe, begegnete er einer alten Frau. Mit weit aufgerissenen Augen schaute sie ihn an und wisperte: „Du bist nicht wach, weil du nicht schlafen kannst… Du kannst nicht schlafen, weil du wach bist.“ Verwirrt verließ Alex ihr Haus.
Wieder zuhause, fielen seine Augen auf die Digitaluhr: Mitternacht. Die Schatten, Geräusche und das Ticken begannen wieder. Doch diesmal drehte er, getrieben von der Verzweiflung, den Spieß um und rief in die Dunkelheit, „Ich bin nicht wach, ich schlafe“. Als ob er einen Schalter umgelegt hätte, verstummten die Geräusche – das Ticken hielt inne und die Schatten lösten sich auf.
Mit einem eraubten Seufzer ließ sich Alex in die Kissen sinken. Doch seine Erleichterung hielt nicht lange an. Als er die Augen öffnete, stand er endlich vor Ihm, seinem Alptraum, kein Schatten, kein Lärm, keine Illusion. Eine transparente, grotesk verzerrte Gestalt stand vor seinem Bett und beugte sich langsam zu ihm herunter. „Du schläfst…“ Es flüsterte. Seine Augen bohrten sich in Alex, kalt und dunkler als die Nacht selbst und verschmolzen schließlich mit der Dunkelheit seines Zimmers.
Das Ticken begann wieder, diesmal lauter als je zuvor. Überwältigt von der Dunkelheit und dem entsetzlichen Ticken, fiel Alex in einen tiefen, erschöpften Schlaf.
Am nächsten Morgen wachte Alex auf. Alles war still. Die Sonnenstrahlen tanzten auf seiner Haut. Kein Ticken, kein Flüstern, keine Schatten. Dem Schlaf verfallen, dem Albtraum entkommen, doch immer noch gefangen in der Frage: Was, wenn alles wieder von vorn beginnt?