Der frostige Wind wehte durch die verlassene Straße, als Ellie den alten Friedhof betrat. Ein ohrenbetäubendes Stöhnen hallte durch die Dunkelheit, und ihr Herzschlag schlug wie ein wilder Trommler gegen ihre Brust. Sie zog ihre Jacke enger und schritt vorsichtig weiter.
Ellie war keine gewöhnliche junge Frau. Sie war eine Mondwächterin: eine seltene Rasse von Menschen mit übernatürlichen Fähigkeiten, die unter dem Einfluss des Mondlichts freigesetzt wurden. Es war ihre Aufgabe, die Balance zwischen unserer Welt und der Schattenwelt zu wahren, einem Ort, wo dunkle Entitäten regieren. Sie wurde unter einem roten Mond geboren, ein Vorzeichen, das ihre Bestimmung bestimmte.
Mitten auf dem Friedhof stand eine alte Weide, die als Portal zur Schattenwelt diente. Als Ellie sich der Weide näherte, spürte sie eine unheimliche Veränderung in der Luft. Das gewohnte Flüstern des Windes durch die Äste verstummte, ersetzt durch ein unheilvolles Flüstern. Die Schatten auf dem Friedhof schienen zu tanzen und zu zucken, als ob sie ein eigenes Leben hätten.
Unter dem Baum war das Portal zur Schattenwelt, ein schwarzer, wirbelnder Nebel, der sichtbar wurde, als Ellie ihre Hand auf den Stamm legte. Sie betrat das Portal und fand sich in einer Landschaft aus ewiger Dunkelheit wieder. Sie ließ den Mondlichtstrahl von ihrem Amulett leuchten, dem einzigen Licht in diesem Ort der Dunkelheit.
Erschrocken erkannte sie, dass die Schatten groteske Formen angenommen hatten. Sie waren mit spitzen Zähnen und klauenartigen Händen ausgestattet, die gierig nach unten in Richtung ihrer Lichtquelle griffen. Ihre Augen waren leere Löcher, aus denen Dunkelheit strömte.
Ellie stand dort, das Herz pochte ihr in der Brust, aber sie zeigte keine Furcht. Sie kannte ihre Aufgabe. Mit einem tiefen Atemzug rief sie ihre Kräfte herbei und stieß einen grellen Lichtstrahl aus, der die grässlichen Kreaturen zurückdrängte. Ein markerschütternder Schrei hallte auf, als das Licht durch die Dunkelheit schnitt und die Schatten zurückschickte.
Doch als der letzte Schrei verhallt war, spürte sie eine neue Präsenz. Ein Schatten, anders als die anderen, war noch da. Es stand ruhig im Dunkeln, die Konturen schemenhaft unter dem zarten Licht ihres Amuletts. Ein dunkler Nebel schien es zu umhüllen, und statt leerer Augen, leuchteten zwei silberne Augen hell in der Dunkelheit. Es fühlte sich an, als würde eine Kälte von dieser Kreatur ausgehen, die selbst das Eis des Winters durchdringen würde.
Bevor Ellie reagieren konnte, verschwand die Kreatur in der Dunkelheit. Sie trat aus dem Portal zurück in unsere Welt, noch immer vom kalten Blick der Schattenkreatur gefesselt. Aber sie war sicher, sie hatte die Balance wiederhergestellt. Zumindest für heute.
Als Ellie den Friedhof verließ, war sie sich sicher, dass sie auf den dunkelsten Schatten unter dem Mond gestoßen war. Doch der Blick in die leuchtenden silbernen Augen hatte etwas in ihr ausgelöst. Eine unheimliche Ruhe kroch in ihr auf und hinterließ eine Gänsehaut. Sie wusste, dass sie diesem Schatten gegenüberstehen musste. Aber wann und wie, das blieb noch ungewiss.