Es war wie eine gewöhnliche Nacht. Eine weiße Nebelschicht kroch durch die Straßen von Highland, einer verschlafenen Stadt am Rande der Welt. Die Stille war erdrückend, sie war nur vom Knirschen der Laubblätter unter den Schuhen des jungen Landon durchbrochen.
Landon war auf dem Weg nach Hause, auf einer Route, die er schon hunderte Male genommen hatte. Aber heute war etwas anders. Heute war der Nebel dichter als je zuvor. Er hüllte die Welt in ein wollweißes Geheimnis, das die Nachtlaternen nur zaghaft durchstechen konnten. Es war, als er in einem anderen Dimension wandelte, parallel in der Zeit und Raum verschoben.
Auf halbem Weg bemerkte Landon den ersten. Es war nur der flüchtige Umriss einer Gestalt, welche sich in den Schleier des Nebels zurückzog, sobald er sie erblickte. Ein lautes Klopfen seines Herzens hallte in seinen Ohren wider. Er beschleunigte seine Schritte, in der Absicht, sein Zuhause so schnell wie möglich zu erreichen.
Plötzlich hörte er hinter sich ein leises Kichern. Es durchbrach die Nebelstille mit seinen harmonischen Noten, die eher wie ein frostiger Lufthauch wirkten. Er drehte sich um und starrte direkt in die tiefen, glühenden Augen einer Nebelgestalt. Ein Mädchen, kleiner als er, schienenhaft, strahlend wie der Vollmond am dunkelsten Nachthimmel. Ihr langes, silbernes Haar floss wie der Nebel hinter ihr. Sie lächelte und verschwand dann wieder.
Die Welt um Landon wurde immer rätselhafter. Nebelgestalten traten auf, lächelten und verschwanden dann, gerade als sie ihre Absichten offenbaren wollten, was in seiner Angst nur eine endlose Hilflosigkeit hinterließ. Etwas stimmte hier nicht, und er wusste nicht, wie er diesem phantasmagorischen Alptraum entkommen könnte.
Als er endlich sein Haus erreichte, hustete er vor Erleichtern, seine Lungen brannten von dem schnellen Rennen. Seine Hände zitterten, als er den Schlüssel zum Schloss eintrug. Kaum war die Türe hinter ihm zu, als sein Haus lebendig wurde, von den Echoes der Geborgenheit erfüllt. Landon spürte eine Welle der Erleichterung, die ihn überflutete.
Doch der Schein trügte. Als er aufschaute, sah er sie. Die Nebelgestalten. Sie waren jetzt hier, füllten jeden Winkel seines Hauses, zogen sich durch jeden Raum. Ohne ihre geisterhaften Grinsen, wirkten sie jetzt ausgehungert, ihre strahlenden Augen verdunkelt. Die einzige Konstante, die blieb, war der frostige kichernde Lufthauch, der durch das ganze Haus wehte.
Die nächsten Stunden waren ein undurchdringlicher Dämmerzustand aus Angst und Verwirrung. Die Gestalten bekamen mehr Kontur, wurden menschlicher. Sie schwebten durch Wände, sprachen in gespenstischen Tönen. Aber eines taten sie nie, sie berührten Landon nicht. Doch er wusste, es war nur eine Frage der Zeit.
Als die Dämmerung einbrach, verschwanden sie. So schnell und lautlos wie sie gekommen waren. Nur der eisige Hauch blieb zurück… und die Fragen, die Fragen, die ihm keine Ruhe mehr ließen.
Wer waren diese Nebelgeister? Warum waren sie hier? Und das Wichtigste, würden sie zurückkommen? Und während sein Kopf mit diesen Gedanken kämpfte, merkte Landon, dass es noch mehr gab, was ihn beunruhigte. Ob die Nebelgeister seine Angst speisten oder ob sie nur das Produkt seiner eigenen Ängste waren. Wie auch immer die Antwort war, ließ ihm das die schlimmste Gänsehaut zurück, die er je gefühlt hatte.