Ein unnormal kalter Winter hatte die Stadt in seinen gnadenlosen Griff genommen. Die Straßen waren ein einziges weißes Nichts, unterbrochen nur durch das Aufblitzen der neonblauen Öffnungszeiten von Bars und Supermärkten. Überall tummelten sich Menschen, eingehüllt in ihre Jacken, hustend und zitternd vor Kälte.
Bei einem solchen Wetter hatte Jane einen komischen Traum. Sie träumte von einem jungen Mann, der mitten auf der Straße stand, nur mit einem dünnen Hemd bekleidet. Er zeigte keinerlei Anzeichen von Kälte. „Komm zu mir“, sagte er mit warmer, einladender Stimme. Jane wachte auf, fröstelnd und verwirrt.
Am nächsten Tag ging sie wie gewohnt zur Uni. Auf dem Weg begegnete sie dem Mann aus ihren Träumen. Er stand mitten auf der vereisten Straße, nur mit einem dünnen Hemd bekleidet, ohne zu zittern. Jane blieb stehen, gebannt von seiner übernatürlichen Ruhe. Sie erinnerte sich dann an die Worte, die er in ihrem Traum gesagt hatte und ging auf ihn zu.
„Wer bist du?“, fragte sie den Fremden. „Jemand, der in der Kälte nicht friert“, erwiderte er mit einem Lächeln. Jane konnte ihren Augen nicht trauen. Die Kälte schien ihm nichts auszumachen. Sie lud ihn zu sich nach Hause ein, um ihm Wärme zu bieten. Der mysteriöse Fremde bejahte und folgte ihr nach Hause.
Trotz mehrerer Heizkörper in der ganzen Wohnung schien die Kälte alle Ecken gefüllt zu haben. Janes Gäste zitterten vor Kälte, nur der Fremde schien unberührt zu sein. Sie konnte das nicht verstehen und als sie ihn berührte, um seinem Geheimnis auf die Spur zu kommen, fuhr ein eiskalter Stoß durch ihren Körper. Seine Haut war nicht warm, wie sie hätte sein sollen, sie war kalt, eisig kalt.
„Ich habe ein Herz aus Eis“, sagte er mit starrer Miene. „Es friert nie, es schlägt nicht. Es hält mich am Leben, aber lässt mich nicht fühlen. Die Hitze der Lebenden ist meine einzige Hoffnung.“ Dies waren seine letzten Worte, bevor er verschwand, genauso plötzlich und mysteriös, wie er gekommen war.
Auch nach seinem Verschwinden blieb seine Kälte in der Wohnung. Jane konnte sie selbst Tage später noch spüren. Die Wohnung war ein permanenter Eisblock geworden. Es machte ihr nichts aus, sie hatte auf melodiöse Weise ein Herz aus Eis für sich selbst entdeckt und in der Kälte Schönheit gefunden.
Die Gefühle, die laute Welt um sie herum, schienen stumm geworden zu sein. Sie war nun ein Teil seiner stillen, eiskalten Welt, abgestoßen von der Hitze und dem Lärm der Lebenden. Sie wartete auf den eisigen Mann, der Sie erneut besuchen sollte. Von da an war jeder Winter für Jane eine Zeit der Verbindung, ein Zeichen der Hoffnung.
Man sagt, dass Jane noch immer wartet, in ihren kalten vier Wänden, auf den Eis-Mann, der sie aus der Welt der Lebenden gezogen hat. Sie sagen, ihr Herz schlägt kalt und unberührt, so wie das Herz des Fremden. Die Menschen nennen sie jetzt die Eis-Dame, der einzige Mensch, der den Winter begehrt und in seiner Kälte Schönheit, Frieden und Liebe findet.
Eines muss jedoch betont werden: die Menschen fürchten sie. Sie fürchten ihre Kälte, ihre Ausstrahlung, ihre Fähigkeit, sich nicht von der Kälte schrecken zu lassen, ihr Herz aus Eis.