Sie sagte immer Dein Name verpasse ihr Gänsehaut und ihr Lachen klang wie der schönste Akkord der Hölle. Ihr Name war Wanda und wir waren beste Freunde. Wir haben jede freie Sekunde miteinander verbracht, Smartphone-Spiele durchgespielt, Schauspieler auf Instagram gestalkt und uns gegenseitig mit Gruselgeschichten im dunklen Keller erschreckt. Bis zu dem einen Tag, an dem alles anders wurde.
Wir stießen auf ein neues soziales Netzwerk namens Facades. Es war eine Art Instagram, aber anstatt Fotos von sich selbst zu posten, erstellten die Nutzer Avatare. Niemand kannte die wirkliche Identität der anderen, es war anonym. Das Verlockende daran war der Nervenkitzel dieses Versteckspiels. Wanda wurde sofort süchtig nach dieser Plattform.
Nach ein paar Wochen, bemerkte ich Veränderungen in Wanda. Sie wurde stiller, verlor ihr Interesse an alten Hobbys und war immer in Facades versunken. Ich fragte sie danach, aber sie befand sich in ihrer eigenen Welt. Eines Tages bemerkte ich, dass sie anfing, ihre eigenen Fotos in Facades zu posten. Sie machte immer extreme Nahaufnahmen ihrer Augen, ihrer Lippen, aber immer vermeidend, ihr ganzes Gesicht zu zeigen.
Eines helllichten Morgens fand ich Wanda nicht mehr in ihrer Wohnung. Es sah so aus, als ob sie mitten in der Nacht geflüchtet wäre. Die Türen und Fenster sperrangelweit offen, ihr Smartphone mitten in ihrer zerrissenen Bettwäsche. Panisch rief ich die Polizei.
Sie hatten keine Spur von Wanda, aber auf ihrem Handy fanden sie eine endlose Sammlung von Bildern. Jedes einzelne war ein Bild von Wanda ohne Gesicht. Sie hatte Photoshop verwendet, um ihr Gesicht vollständig aus jedem Foto zu entfernen, nur Augen und Lippen ließ sie übrig. Die Polizei fand das verwirrend, ich fand es verstörend.
Wochen vergingen ohne jegliche Neuigkeit über Wanda. Die Polizei hatte die Suche nach ihr aufgegeben. Aber ich konnte sie nicht so einfach aufgeben. Ich entschied mich, Facades zu durchsuchen, in Hoffnung auf irgendetwas, das mich zu ihr führen könnte. Schließlich fand ich ihr Profil unter dem Namen „FacelessW“. Sie war immer noch aktiv, sie postete Bilder von sich selbst, ohne Gesicht aber mit leuchtenden Augen und vollen Lippen.
An einem stürmischen Abend tauchte ein neues Bild auf ihrem Profil auf. Ich öffnete es, zitternd bei jedem Klicken und Zögern. Das Bild war das gleiche wie immer, Wandas Gesicht ohne Gesicht, aber diesmal mit einer düsteren Wendung. Es gab Narben, wo ihre Wangen gewesen sein sollten. Ich konnte meine aufsteigende Übelkeit nicht stoppen.
Ich richtete das Bild an die Behörden. Sie versprachen, es zu untersuchen, aber ihre hohlen Worte ließen wenig Raum für Hoffnung. Mitten in der Nacht fiel ich in einen unruhigen Schlaf, gequält von Albträumen über das schreckliche Bild.
Als ich am nächsten Tag aufwachte, stellte ich fest, dass mein Handy voller Benachrichtigungen war. ‚FacelessW hat dein Foto kommentiert.‘ ‚FacelessW hat ein neues Foto gepostet.‘ ‚FacelessW hat dich in einem Kommentar markiert.‘
Ich nahm mir einen Moment Zeit, um tief durchzuatmen, bevor ich den Bildschirm meines Handys entsperrte. Wandas neustes Bild war ein Foto von mir. Und genau wie alle ihre anderen Bilder, hatte auch mein Gesicht alle Merkmale verloren. Gesichtslos. Sie hatte unter das Bild geschrieben: ‚Jetzt sind wir endlich gleich.‘