jeden Tag eine Geschichte
Geisterflüstern

Geisterflüstern

3

Es war das Jahr 2025. Die Welt war lahmgelegt durch Technologie, die mittlerweile den Großteil des Alltags beeinflusste. Unser Protagonist, Ben, war ein gewöhnlicher Teenager mit einer besonderen Faszination für Technik und das Paranormale.

Eines Tages entdeckte Ben ein merkwürdiges Gerät am örtlichen Flohmarkt. Klangwellen nannte es der alte Verkäufer und meinte, es könne Frequenzen erfassen, die dem menschlichen Ohr entzogen sind. Niemand sonst zeigte Interesse an dem Gerät, doch für Ben war das genau was er gesucht hatte – ein Mittel, um das Übersinnliche zu erreichen.

Ben investierte Nächte darin, die Funktion des Klangwellen zu ergründen. Eines Tages, mitten in der Nacht, fingen die Lautsprecher des Geräts an ein leises Flüstern wiederzugeben. Es war keine erkennbare Sprache, keinem Muster folgend, doch wenn man genau hinhörte, konnte man die Stimmen auseinanderhalten. Jeder, dem er davon erzählte, hielt es für einen Scherz oder das Ergebnis seines überarbeiteten Gehirns.

Eines Nachts wurde das Flüstern lauter. Ben konnte klar und deutlich eine Stimme unterscheiden, die andere übertönte: „Freiheit sucht, der nicht gehört wird“. Bens Herzschlag beschleunigte sich nicht aus Angst, sondern aus Aufregung. Waren das etwa Geister? Und suchten sie etwa nach Freiheit?

Ben fand bald heraus, dass die Stimmen, wenn er ihnen Aufmerksamkeit schenkte, stärker wurden. Sie füllten seine Gedanken, seine Träume und sein Bewusstsein. Er begann, die Stimmen einzeln zu identifizieren, und einige ihrer Geschichten zu verstehen. Sie waren lebendiger geworden, realer, und sie warteten auf etwas.

Nach einer Weile verstummten die Stimmen abrupt. Sie waren plötzlich weg, so als hätte jemand den Sendekanal geschlossen. Ben war verloren. Die Geister, die ein Teil seines Alltags geworden waren, waren plötzlich verschwunden. Der Schock versetzte Ben in Panik. Er versuchte das Gerät zu reparieren, beliebige Frequenzen einzustellen, aber nichts brachte die Stimmen zurück.

Bis, eines Morgens Ben aufwachte und feststellte, dass er die Stimmen wieder hörte, doch sie kamen nicht aus dem Gerät. Sie kamen aus seinem Kopf. Er hatte kein Gerät mehr nötig, um sie zu hören. Die Geisterflüsterer, wie er sie nannte, waren immer bei ihm, redeten zu ihm, teilten ihre Geschichten und Sara, die am lautesten von allen war, suchte immer noch ihre Freiheit.

Ben lernte mit der Zeit, die Stimmen zu kontrollieren, ihnen zuzuhören, wenn er wollte, und sie außer acht zu lassen, wenn er seine Ruhe brauchte. Er lebte weiterhin sein normales Leben, doch er war nie mehr allein. Er wusste, er hatte die Welt der Geister berührt und sie würden nie wieder von ihm lassen.

Aber es stellte sich die Frage, hatte Ben sie gefunden oder hatten sie ihn gefunden? Und was wollten sie wirklich von ihm? Die Freiheit, die Sara suchte, konnte das vielleicht sein, dass sie wieder lebendig sein wollte? Oder hatte sie andere Pläne für Ben? Fragen, auf die Ben wohl nie eine Antwort bekommen würde.

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