Der Bildschirm flackerte kurz auf und die Silhouette eines Mannes war im schwachen Licht der Monitore zu erkennen. Jason war seit Stunden in seinem kleinen Serverraum eingesperrt. Ein Raum, der gefüllt war mit blinkenden Lichtern, Summen der Kühlsysteme und einer stickigen Hitze, die von den massiven Geräten produziert wurde.
Er war der IT-Berater der Firma und verantwortlich für das Wohl der Server, auf denen sämtliche Daten des Unternehmens gespeichert waren. Gerade führte er die routinemäßige nächtliche Datensicherung durch.
Plötzlich starrte er verwirrt auf seinen Bildschirm. Einer der Knotenpunkte zeigte merkwürdige Aktivitäten. Es war, als würde ein Virus versuchen, in das System einzudringen. Er führte einen Anti-Malware-Scan durch, aber ohne Ergebnis. Die Aktivitäten wurden jedoch intensiver, fast so, als würde das System mit ihm kommunizieren wollen.
Als Technikexperte ließ er sich nicht so leicht verwirren, doch das, was er sah, ließ sein Blut gefrieren. Ein verborgener Dateipfad wurde aktiviert, der auf einen Ordner namens „Finstere\_Tiefe“ hinwies. Ein Ordner, von dem Jason noch nie gehört oder gesehen hatte. Mit zitternden Händen klickte er auf den Pfad.
Es öffnete sich ein Live-Stream. Im schwachen Licht erkannte Jason einen endlosen Korridor. Die Wände waren feucht und modrig. Es war ein Zeichen für ein Lebenszeichen in der trostlosen Umgebung: Ein Licht flackerte. Schlagartig war die Kamera in Bewegung. Fast so, als würde jemand die Kamera tragen und sich tiefer in den Korridor vortasten.
Jason starrte wie gebannt auf den Monitor, während die Kamera tiefer und tiefer in den Gang hinein ging. Mörtel und Schutt fielen in sichtbaren Wolken von der Decke und der Wänden. Plötzlich blitzte etwas in dunkler Ecke des Korridors auf. Das Kameraobjektiv fokussierte langsam den Gegenstand. Es war ein Server – genauso alt und verstaubt wie alles um ihn herum, aber leuchtend wie ein Fels in der Brandung.
Das flackernde Licht war jetzt ein grelles Leuchten und plötzlich raste die Kamera auf den Server zu, stieß dabei gegen Schutt und Dreck. Mit einem stoßartigen Zittern öffnete sich der Server und ein Flut von verschlüsselten Daten strömte heraus. Das Licht wurde so intensiv, dass Jason gezwungen war, seine Augen zu schließen.
Als er die Augen wieder öffnete, war der Bildschirm leer. Er fühlte sich schwindelig, verwirrt. Sein Puls raste. Er starrte auf den Monitor, aber der Pfad „Finstere\_Tiefe“ war verschwunden. Alles war wie vorher. Fast wie vorher. Jason fühlte sich anders, als hätte das Licht etwas in ihm verändert.
Albträume quälten ihn in der folgenden Nacht. Bilder von dem Korridor und dem rauschenden Server verschmolzen mit Szenen aus seinem eigenen Leben, bis er nicht mehr zwischen Realität und Traum unterscheiden konnte. Am nächsten Morgen wachte er auf, ohne sich daran zu erinnern, ob er jemals eingeschlafen war. Überdies merkte er, dass er den Zugangscode zu den eigenen Servern vergessen hatte.
Er verbrachte den ganzen Tag damit, den Vorfall zu erforschen, stieß aber auf keine Erklärung. Als er einen Blick in die Firmenhistorie warf, stand es schwarz auf weiß da: „Bau eines neuen Servers im Jahr 1970. Lage: Unbekannt.“
Tag für Tag tauchten Erinnerungslücken auf. Er vergaß einfache Alltagsroutinen, konkrete Fachkenntnisse, sogar wichtige Information über sich selbst. Er wollte zurückweichen, wollte vergessen, allerdings kam das Gefühl auf, dass die Finstere Tiefe ihn umklammert hielt. Es verschlang ihn von innen heraus und es fiel ihm schwer zu atmen. Es war nicht bloß ein vergessener Server, sondern vielmehr wurde er selbst vergessen. Von sich selbst.