jeden Tag eine Geschichte
Ewiger Schatten

Ewiger Schatten

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Lucy schaltete zusammen mit ihren besten Freundinnen Emma und Bella die neu gekaufte spirituelle App ein, die angeblich paranormale Aktivitäten aufspüren sollte. Es war ein witziger Einfall, um das Wochenende zu verbringen und sich gegenseitig zu ängstigen. Spukgeschichten hatten sie schon immer fasziniert, allerdings waren sie nie wirklich davon ausgegangen, dass etwas davon wahr sein könnte.

Die App erstellte auf ihrem Smartphone-Bildschirm eine raumgreifende 3D-Karte und begann, einen Shadow Tracker zu markieren. Der Pfeil zeigte auf den Raum nebenan, der schon immer dunkel und unbenutzt war.

Etwas zögernd und die Neugier kaum beherrschend, öffneten sie die Tür. Alles war in Dunkelheit gehüllt. Lucy tastete nach dem Lichtschalter, doch das Licht flackerte und starb ab, gefolgt von einem eisigen Windstoß, der sie alle überraschte.

Auf dem Bildschirm der App formte sich in der Raumkarte ein menschlicher Umriss. Ihre Herzen begannen schneller zu schlagen und sie konnten kaum atmen. Glaubten sie etwa daran, was sie sahen? War die App eine Abzocke oder steckte etwas Wahres dahinter?

Für einen Moment standen die Mädels wie versteinert da. Dann beruhigte Emma die beiden anderen. „Lasst uns die App abschalten und wieder gehen. Das war nur ein Trick, um uns Angst zu machen“, sagte sie mit einer Stimme, die mehr als unsicher klang.

Lisa versuchte, die App zu schließen, aber der Bildschirm reagierte nicht. Der Umriss auf dem Screen stand plötzlich direkt vor ihnen und die Temperatur im Raum sank weiterhin ab. Seufzend, als ob jemand schwer atmen würde, drang in ihre Ohren.

Stetige Angst brach in ihnen aus. Sie sind keine Kinder mehr, und dies waren keine Geschichten mehr. Sie wollten sofort aus der Wohnung fliehen, fanden jedoch die Haustür verschlossen. In plötzlicher Panik trennten sie sich und rannten in verschiedene Richtungen, in der Hoffnung, einen Ausweg zu finden.

Nach einer Stunde des verängstigten Umhertappens fanden sie sich wieder zusammen. Hasenfüßig, angespannt, blass vor Furcht. Keiner von ihnen wagte es, zu erwähnen, dass die Haustür nicht hätte verschlossen sein sollen und was oder wer sie so gemacht hatte.

Die App war immer noch angeschaltet und der Umriss war immer noch präsent. Heißer Atem leckte ihren Nacken, und das Flüstern in ihren Ohren wurde lauter – „Ich bin hier“.

Trotz der Panik und der Furcht kämpfte Lucy gegen die aufsteigende Übelkeit. Sie machte einen Schritt nach vorne und sprach sichtlich unruhig „Wer bist du? Was willst du?“ Das Flüstern ließ nach und stattdessen ertönte eine tiefere, männliche Stimme, die glatt und ruhig durch den Raum hallte – „Ich bin der Ewige Schatten.“

Sie versuchten, weiter zu kommunizieren, aber der Ewige Schatten sprach nicht mehr. Stattdessen fühlten sie sich leichter, als die Temperatur langsam auf normales Niveau stieg. Die App schaltete sich aus und das Flüstern hörte endlich auf.

Seit diesem Tag lebten die Mädchen in ständiger Ungewissheit und Furcht. Ein Teil von ihnen wollte glauben, dass es nur ein Streich war, doch der andere Teil war überzeugt davon, dass es der Ewige Schatten war, den sie zuerst belächelt hatten.

Manchmal trieb sie die Neugierde dazu, die App wieder zu starten, in der Hoffnung, Antworten zu finden, oder das Kichern eines bösen Freundes zu hören. Aber jedes Mal, wenn sie den Bildschirm berührten, blitzte der menschliche Umriss wieder auf und die Temperatur sank.

Der Ewige Schatten hatte ihr Leben betreten und ob er ein imaginärer Freund der modernen Technologie oder eine echte Bedrohung aus der Geisterwelt war, konnte keiner von ihnen wirklich wissen.

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