In der abgelegenen Holzhütte, wo Ella allein in den Wäldern lebte, herrschte eine immerwährende Stille. Entfernt von der Hektik der Stadt, fand sie dort ihren Frieden. Die hypothetische Stille war allen Gegensätzen zum Trotz tröstlich. Bis zu jenem schicksalhaften Abend.
Ella saß gerade am Kaminfeuer, blätterte durch ihre Lieblingsbücher und verlor sich in deren Geschichten. Plötzlich hörte sie ein leises Flüstern, das aus dem Nichts zu kommen schien. Ella hielt inne, aber das Flüstern verstummte schnell wieder. Sie schrieb es dem Knistern des Kaminfeuers zu und las weiter.
Doch das Flüstern kam wieder. Intensiver und lauter dieses Mal. Es war viele Stimmen auf einmal, so schien es, aber keine konnte sie entziffern. Sie sprangen von einem Ohr zum anderen, als würden sie um sie herumtanzen. Ella sprang auf, drehte sich im Kreis, aber es war niemand da. Nur die Stille.
Sie beschloss, nach dem Abendessen ins Bett zu gehen. Da sie weit entfernt von jeglicher Zivilisation lebte, dachte sie, dass das Gewisper vielleicht die Geräusche der Natur waren, die sie falsch interpretiert hatte. In ihrem Bett lag sie wach und horchte in die Stille, aber sie hörte nichts. Sie schlief schließlich ein.
Sie wurde aufgeweckt durch ein dumpfes Pochen, das in der Stille hallte. Es kam von außen, von der Kellertür. Ella zündete eine Laterne an und ging mutig die knarzenden Holztreppen hinunter. Bei jedem Schritt hallte das Klopfen lauter und intensiver in ihrem Kopf nach.
Als sie die Kellertür öffnete, war wieder Stille. Kein Klopfen, kein Flüstern, nichts. Sie leuchtete mit der Laterne in den dunklen Raum, über die alten, verstaubten Boxen und der unbenutzten Werkbank – nichts Ungewöhnliches. Kein Eindringling, kein Tier, keine Erklärung.
Doch dann vernahm sie etwas, was sie bis an ihr Lebensende nicht vergessen konnte. Aus dem Nichts hallten Worte direkt in ihrem Kopf wider: „Du bist nicht allein. Wir beobachten dich.“ Es war als würden die Worte direkt in ihrem Geist geformt. Sie drehte sich um, die Laterne zitterte in ihrer Hand. Aber es war niemand zu sehen. Nur Dunkelheit und Stille.
Sie rannte die Treppe hoch, den Schrei im Hals erstickend. Doch das Flüstern und die Worte verfolgten sie. Sie hörte sie bei jeder Bewegung, bei jedem Atemzug. Sie bildeten sich zu Sätzen, zu Geschichten, die von Toten erzählten, die nicht ruhen konnten.
Seit dieser Nacht, war die Stille in Ellas Haus durchbrochen. Sie lebt nun nicht mehr alleine. Sie teilt ihr Heim und ihre Gedanken mit den Stimmen, die aus der Stille sprechen. Es bleibt ein Rätsel, wer sie sind und was sie wollen. Aber in der Stille, hallt ihr Flüstern ewig nach.