jeden Tag eine Geschichte
Dunkles Erwachen

Dunkles Erwachen

2

Sie wachte auf, umgeben von Dunkelheit, ihre Augen versuchten vergeblich, durch die dichte Schwärze zu blicken. Ihr Herz schlug wild gegen ihre Brust, ein kalter Schweiß tropfte von ihrer Stirn. Sie konnte sich nicht bewegen, war eingeklemmt. Eine Metallplatte über ihr, Beton zu ihren Seiten.

Deniz versuchte sich zu erinnern, was geschehen war, aber ihre Erinnerungen waren verschwommen und bruchstückhaft. Die verschwommene Erinnerung an eine Party, Freunde, Alkohol und dann… Nichts. Eine erschreckende Leere.

Sie versuchte zu schreien, aber ihre Stimme ertrank in dem winzigen Raum. Ihr Handy! Wenn sie es nur erreichen könnte, aber ihr Körper gehorchte nicht. Sie fühlte etwas Rauhes unter ihren Fingerspitzen. Es war Stoff – der Saum eines Kleides, ihr Kleid. Der Stoff fühlte sich anders an, starr und rauh. Ihr Atem beschleunigte sich, als sie verstand. Sie trug immer noch das Kleid von der Party.

Tiefe Panik setzte sich in ihr fest, als sie erkannte, in was für einer Lage sie sich befand. War sie etwa…begraben worden? Aber warum? Sie war doch nicht tot! Oder war sie es? Sie fühlte doch, atmete Letztes war… Oder war das alles nur ein böser Traum?

Doch der kalte Beton unter ihren Fingerspitzen widerlegte diese Hoffnung. Ihre Gedanken überschlugen sich und wurden immer wilder – War das wirklich ihr feuchtkaltes Grab?

Nach einer gefühlten Ewigkeit, die von nichts als Dunkelheit und Stille gefüllt war, verspürte sie ein sanftes Vibrieren unter sich. Sie hielt den Atem an. Das Vibrieren wurde zu einem Grollen, dann zu einem Rythmus… Ihrer eigenen Herzschläge? Nein! Es war Musik. Leise, aber deutlich hörbar.

Sie war doch nicht begraben. Sie war auf einer Party! Sie konnte den Bass der Musik fühlen, ihre Füße wollten tanzen. Aber sie waren bleischwer, ihr Körper weigerte sich noch immer zu gehorchen. Also bewegte sie sich in ihrem Kopf im Takt der Musik, ließ ihre Gedanken tanzen.

Die Musik schien näher zu kommen, die Vibration stärker zu werden. Dann hörte sie Stimmen, Gelächter, Gläserklirren. Sie sollte auf dieser Party sein, tanzen, lachen. Nicht hier liegen, eingeklemmt und bewegungslos. Sie versuchte erneut zu schreien, aber ihre Stimme wurde von der Musik erstickt.

Sie wollte um Hilfe rufen, aber keiner schien sie zu hören. Dann, mit einem Mal, stoppte die Musik. Totenstille. Ihre Atmung beschleunigte sich, Ihr Herz schlug gegen ihren Brustkorb. War das jetzt das Ende?

Sie hörte Schritte, die näher kamen, eine Stimme. „Hey, holt mal die nächste Runde!“ verlangte die Stimme. Dann verstummte alles wieder. Eine Träne lief ihr über die Wange. Sie hörte etwas knirschen, es kam ihr vor wie rollende Steine. Ihr Herz schlug noch schneller, als die Decke über ihr sich zu bewegen schien.

Ein schmaler Lichtstrahl durchschnitt die Dunkelheit, wurde zu einem breiteren Band, und plötzlich erhellte diffuses Licht den engen Raum. Sie blinzelte, ihr Herz schlug beinahe bis zum Hals, als sie eine Silhouette über sich erkennen konnte. Es war die Gestalt eines Mannes, der sich in die offene Luke beugte.

„Sorry, ich wusste nicht, dass da jemand drin ist“, sagte der Mann entschuldigend. „In dem Zustand hattest du wahrscheinlich den besten Schlaf deines Lebens, oder?“ Er lachte und half ihr aus dem engen Raum – aus der Jukebox, die sie auf der Party als Sitzmöglichkeit benutzt hatte und in der sie nun aufgewacht war.

Deniz lachte nervös und nickte, während sie nach frischer Luft schnappte. Nie wieder würde sie so viel trinken. Nie wieder würde sie an Parties teilnehmen. Aber trotzdem… war das nicht eine wilde Nacht gewesen?

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