jeden Tag eine Geschichte
Das Buch ohne Namen

Das Buch ohne Namen

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Es war ein normales freies Wochenende für Ethan, ein kunstliebender Student mit einer Vorliebe für das Unbekannte. Eines Tages erhielt er bei einem Antiquitätenverkauf ein mysteriöses, altes Buch ohne Titel oder Autor.

Zuhause angekommen, begann er neugierig in dem Buch zu blättern. Die Seiten waren mit seltsamen Zeichen und kryptischen Wörtern bedruckt, die Ethan nicht deuten konnte. Entschlossen, seine Neugier zu stillen, fotografierte er einige Seiten und uploadete sie auf ein Online-Foren, um mögliche Hinweise auf die Herkunft und Bedeutung dieser Zeichen zu bekommen.

Nach einigen Stunden kamen erste Antworten. Einige Nutzer identifizierten die Zeichen als alte Runen, andere glaubten, es handle sich um kultische Symbole. Doch eine besondere Antwort ließ Ethans Herz schneller schlagen. Ein älterer Historiker kam online, erzählte, es seien Symbole, welche für alte Rituale verwendet wurden. Aber die Nachricht, die folgte, ließ ihm einen Schauer über den Rücken laufen – „Lies das Buch bloß nicht laut vor. Es könnte gefährlich sein.“

Ethan lachte es nervös ab, schließlich gab es auch Stimmen, die das Buch für einen bloßen Scherz hielten. Dennoch wurde er von einer schrägen Neugier gepackt, gepaart mit jugendlichem Wagemut. Er beschloss, eine Seite laut zu lesen.

Plötzlich wurde seine gemütliche Wohnung von einem sofortigen Temperaturabfall heimgesucht, überall zitterte er vor Kälte. Die Glühbirne über ihm wurde dunkler als die Muster auf den Seiten zu pulsieren begannen. In der Dunkelheit konnte er Gestalten sehen – dunkle Schatten, die an seinen Wänden tanzten, als würden sie aus dem Buch selbst entstehen.

In seiner Panik versuchte Ethan, das Buch zu schließen, doch es war, als sei es aus eiserner Klammer in seinen Händen. Dann sah er es… Die Schatten hatten sich zu einer Gestalt manifestiert, einem unheimlichen Wesen mit langen, knochigen Gliedmaßen und endlos tiefen schwarzen Augen, die ihn anstarrten.

Er wollte schreien, doch seine Stimme versagte. Das Wesen machte einen Schritt auf ihn zu, streckte seine Hand aus und berührte das Buch. Es knisterte, als das Buch sich von selbst blätterte und die Luft um sie herum in einem grausamen Kreischen vibrierte. Plötzlich hatte Ethan das Gefühl, als würde etwas Wichtiges aus seinem Gedächtnis verloren gehen.

Als er wieder zu sich kam, war alles still. Die Kälte war vergangen, die Dunkelheit hatte sich zurückgezogen und das Buch lag zugeklappt auf dem Boden neben ihm. Vorsichtig nahm er es auf und schaute auf das Cover, aber etwas hatte sich verändert. Dort, wo einmal alte Runen und Symbole waren, stand nun ein Name.

Sein Name.

Ethan war verwirrt und beunruhigt. Er erinnerte sich daran, eine Seite vorgelesen zu haben, doch die Details dieser Worte waren ihm entglitten. Neugierig blätterte er das Buch erneut durch, dieses Mal war es leer. Er konnte sich nicht erklären, was geschehen war, aber das leere Buch mit seinem eingravierten Namen fühlte sich wie ein Mahnmal seiner Fehlentscheidung an. Die diffuse, unheimliche Einsamkeit, welche das Buch ausstrahlte, ließ jedem, der es sah, einen kalten Schauer über den Rücken laufen und ein ungutes Gefühl zurück. Die Vergangenheit konnte man nicht mehr rückgängig machen, doch die Zukunft – und was das Buch bedeutete – war ein Geheimnis, das sich vielleicht nie enthüllen würde.

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