Ihr Name war Sophia, eine helle Studentin mit dem Herzen voller Träume. Ihr Leben havarierte an dem Tag, als sie ihre besondere Fähigkeit entdeckte – Schattentrieb. Es begann harmlos. Kurz nach Mitternacht, als sie vor dem Heimfahren den Kellerraum der Universität abschloss, gesellte sich ihre Schattenfigur plötzlich neben sie – nur dass die nicht sie, sondern eine grotesk verzerrte Version ihrer selbst neu zeichnete.
Überrascht von ihrem bizarr projektierten Doppelgänger versuchte Sophia, es als Halluzyklus abzubügeln. Doch es wiederholte sich. Tag für Tag emanzipierte sich der Schatten, manchmal agierend, während sie stillstand, manchmal groteske Grimassen schneidend, während sie lächelte. Das gab ihr Gänsehaut. Sie schwankte zwischen Abscheu und Versuchung, eingehüllt in eine regelrechte Obsession, dieses Phänomen zu verstehen.
Es war Freitagabend, und Sophia war zu Hause bei ihrer Freundin Anna. Sie hatte beschlossen, ihr das Geheimnis zu offenbaren. Mit klopfendem Herzen wartete sie auf den perfekten Moment. Als sie den Schattenriss auf dem weißen Wohnzimmerwandschirm zeigte, bekam Anna bleiche Gesichtszüge. Die schreckensverzerrte Fratze des Schatten-Sophia erschreckte sie mehr als alles andere. Anna riss sich zusammen und schlug vor, einen örtlichen Parapsychologen, Dr. Newman, zu konsultieren.
Dr. Newman war bekannt für seine Arbeit mit übernatürlichen Phänomenen und schien Sophias letzte Hoffnung zu sein. Doch als er Sophie untersuchte, entdeckte auch er einen Schatten seiner selbst, der ihn mit bedrohlich verformten Gesichtsausdrücken verhöhnte. Die Situation war unkontrollierbar geworden. Sophia’s Schatten schien über eine besetzende Energie zu verfügen, die sich nun auf jeden, der sich ihr näherte, ausweitete.
Nachten verstrichen, und die Situation eskalierte unablässig. Sophia’s Schatten trieb sie in den Wahnsinn, bis sie sich dazu entschlossen hatte, ihn ein für alle Male zu konfrontieren. Sie beschloss, die Nacht in dem alten Hof hinter ihrem Haus zu verbringen, umgeben von dunklen, mächtigen Schatten, wo ihr Schatten am stärksten wirkte.
Dort, im Dunkeln, versuchte sie, mit ihrem Schatten zu kommunizieren. Ganz zu ihrer Überraschung begann dieser zu antworten. Mit verzerrter Stimme offenbarte er sein wahres Wesen. Kein einfacher Schatten, sondern eine dunkle, ausgehungerte Entität, gefangen in der immateriellen Welt der Schatten und stets auf der Suche nach einem Licht, einem Wirt, um ihre Existenz körperlich zu manifestieren. Sophia war entsetzt, aber fest entschlossen, nicht länger ihr Opfer zu sein.
Sie konfrontierte die Entität mit einer verblüffenden Tapferkeit und bot ihr einen Deal. Erlassen sie ihr Leben und die Leben ihrer Freunde, dann würde Sophia versprechen, dem Schatten zu helfen, einen Weg zu finden, das Gefängnis der Schatten zu verlassen. Der Schatten stimmte zu und zog sich zurück. Sophia fühlte sich erleichtert, aber die zukünfige Reise war noch unbekannt.
Ob es Sophia letztlich gelingt, ihren Schattenrietel aus seiner Dunkelheit zu befreien oder ob sie selbst in der Versuchung erliegen wird, bleibt eine Geschichte für einen anderen Tag. Es lässt jedoch jeden nachdenken – könnten unsere Schatten nicht nur einfache Spielereien des Lichts sein, sondern Foren für Entitäten, die wir noch nicht verstehen? Sophia’s Geschichte bleibt als stilles Echo zwischen den Licht- und Schattenseiten unserer eigenen Existenz.