Jason hatte sich gerade erst in dem kleinen Städtchen eingelebt, als ihm die seltsamen Geräusche auffielen, die aus dem düsteren Brunnen auf dem Marktplatz kamen. Jede Nacht, genau um Mitternacht, drangen beunruhigende Geräusche aus der Tiefe hervor – ein klagendes Wimmern, das von einem kaum hörbaren Flüstern gefolgt wurde. Es war so leise, dass man sich hätte einbilden können, es wäre nur der Wind. Doch Jason wusste es besser.
Er hatte zuvor noch nie solche Geräusche gehört und sein anfängliches Interesse verwandelte sich rasch in eine unnachgiebige Obsession. Jede Nacht saß er in seiner Wohnung, die Fenster weit geöffnet, nur um das mysteriöse Flüstern zu hören. Jason begann, Notizen zu machen und versuchte, ein Muster in dem scheinbaren Durcheinander zu finden.
Jasons Nachforschungen führten ihn zu alten Aufzeichnungen der Stadt. Gerüchte über das Verschwinden mehrerer Stadtbewohner in den vergangenen Jahrzehnten tauchten immer wieder auf, und seltsamerweise schienen diese Fälle immer mit dem geheimnisvollen Brunnen verbunden zu sein. Der Brunnen war alt, so alt, dass niemand mehr wusste, wer ihn gebaut hatte oder warum er so tief war.
Schließlich konnte Jason der Versuchung nicht mehr widerstehen. In einer mondlosen Nacht machte er sich auf den Weg zum Brunnen. Das Flüstern war lauter als je zuvor, und es schienen Worte darin verborgen zu sein. Jason lehnte sich über den Rand des Brunnens. In der dunklen Tiefe konnte er nichts sehen, doch die Geräusche waren deutlicher als je zuvor.
„Hilf uns…“, diese Worte konnte er klar und deutlich aus dem Gemurmel heraushören. Es war mehr als nur ein Flüstern, es war ein Flehen. Inmitten seiner Faszination und Begeisterung über die Entdeckung, spürte er eine eisige Hand der Angst an seinem Herzen.
Plötzlich gab der Boden unter ihm nach. Mit einem lauten Schrei fiel Jason kopfüber in den Brunnen hinein. Er fiel und fiel, immer tiefer ins Unbekannte, bis nichts mehr von ihm zu hören war.
Seit dieser Nacht ist Jason verschwunden. Die Polizei durchsuchte den Brunnen, fand aber nichts als Dunkelheit und Stille. Niemand hörte mehr das Flüstern aus der Tiefe. Es war, als ob der Brunnen die Stimmen mit Jason verschluckt hätte.
Und doch, wenn man in den tiefen Brunnen hinabblickt und genau hinhört, kann man manchmal ein leises Flüstern hören. Es ist kaum hörbar und könnte leicht für den Wind gehalten werden. Aber wenn man aufpasst, kann man die Worte heraushören: „Hilf uns…“.
Und manchmal, nur manchmal, hallt ganz leise ein neuer Klang durch die dunkle Tiefe – es ist die Stimme eines jungen Mannes, der sich mit den anderen Stimmen vermischt und in ihrer Verzweiflung fast untergeht.