Es war ein regnerischer Spätherbstabend. Liam saß in seinem Zimmer, vertieft in ein Videospiel. Das regelmäßige Ticken der Regentropfen auf dem Dachfenster hatte etwas Beruhigendes. Plötzlich brach ein Schatten durch sein Fenster, gefolgt von Stille. Er schreckte hoch und sah entsetzt auf sein Fenster. Doch wer oder was auch immer diesen Schatten verursacht hatte, war mittlerweile verschwunden.
Die nächsten zwei Nächte verliefen ruhig. Kein seltsamer Schatten, kein unerwarteter Lärm. Aber an der dritten Nacht, gerade als Liam sich einreden konnte, dass alles nur Einbildung gewesen war, hörte er es. Ein leises Kratzen an seinem Fenster. Als er aufblickte, starrte ihn das dunkle Nichts an. Dennoch spürte er, dass etwas – oder jemand – da war, abseits seines Sichtfelds.
Sofort schloss er die Vorhänge und zog sich unter seine Decke. Das Kratzen verstummte. Aber die Vorstellungen in seinem Kopf, was da draußen sein könnte, ließen ihn nicht schlafen.
Auf das Kratzen folgte in der nächsten Nacht ein Klopfen. Drei langsame, beharrliche Schläge gegen die Fensterscheibe. Der Impuls war stark – er wollte aufstehen und nachsehen. Aber die Furcht hielt ihn in seinem Bett gefangen. Wer würde nachts an ein Fenster klopfen, wenn man auch einfach klingeln könnte?
Die nächsten Nächte waren ein Albtraum. Das Klopfen wurde lauter, fordernder. Bald glaubte er Stimmen zu hören, kaum hörbare Flüstern, die sich in sein Bewusstsein bohrten. Erzählten sie ihm von Unheil? Versprachen sie ihm sein Ende? Er konnte es nicht sagen.
Mit jeder Nacht, die verging, verschlechterte sich sein Zustand. Die dunklen Ringe unter seinen Augen verdunkelten sich zu gruseligen Schattierungen, während seine Haut blass und aschgrau wurde. Niemand in seiner Schule bemerkte die Veränderung, und er war zu verschreckt, um jemandem von dem Besucher in der Nacht zu erzählen.
Am zehnten Tag geschah es. Gerade als die Nacht hereinbrach, begann sein Herz laut zu schlagen. Jeder Schlag war wie ein Echo seiner Todesangst. Als das erste Klopfen an sein Fenster kam, fühlte er, wie sein Herz in seiner Brust erstarrte. Als das zweite Klopfen kam, spürte er, wie sich sein ganzer Körper anspannte. Und als das dritte Klopfen kam, öffnete er seine Augen.
Da war nichts. Nichts, außer der düstere Nachthimmel und der sanfte Glanz der Sterne. Und dann, genauso plötzlich wie das Klopfen aufgehört hatte, sah er es. Etwas Dunkles, noch dunkler als die Nacht, schwebte vor seinem Fenster. Eine Gestalt, schwer zu erkennen, ragte in die Höhe und starrte ihn an. Zwei leuchtende Augen bohrten sich in die seinen, und bevor er einen Schrei ausstoßen oder sich verstecken konnte, war es verschwunden.
Am nächsten Morgen stand er vor den Trümmern seines zerschmetterten Fensters. Die splitternden Scherben krachten unter seinen Füßen, während er hinausblickte in die Welt, die während der Nacht so bedrohlich gewesen war. Nun schien sie wieder normal. Aber die Erinnerung an die leuchtenden Augen ließ ihn erschaudern. Wer oder was auch immer ihn besucht hatte, war fort. Aber das Unheil war nicht gebannt, es lag noch immer in der Luft, genau wie die erstickende Stille nach dem Verschwinden des unheimlichen Besuchers.
Die Geschichte endet hier, aber die Angst bleibt. Was war diese dunkle Gestalt und könnte sie wieder kommen? Niemand kann das sagen, denn Shrecken braucht keine Einladung um zu kommen. Sie schließen oft leise und leise an Ihr Fenster. Und klopfen … und klopfen … und klopfen …