Es war der Pfad der Dämmerung, der entlang der alten Ruinen des Waldes führte, umgeben von uralten Bäumen, die ihre toten Äste wie eine dichte Wand aus Schatten dem Himmel entgegen reckten. Jordan, ein junger und abenteuerlustiger Fotograf, befand sich auf diesem Pfad. Der Geruch von feuchtem Moos, angefaultem Holz und einer gewöhnungsbedürftigen Metaleszenz füllte die Luft. Er wollte die mystische Atmosphäre dieses Ortes in seinen Bildern einfangen.
Ein dumpfes, sprechendes Rascheln war stets in Jordans Ohr, ohne zu verraten, wohin es ihn führte. Ungeachtet seiner vernünftigen Gedanken folgte Jordan ihm. Plötzlich fiel sein Blick auf ein aus dem Boden ragendes, verwittertes Holzkreuz mit eingraviertem Namen: „Arabella“. Ein kalter Schauer rann ihm über den Rücken. Eine kindliche Schrift hatte den Namen in das Holz geätzt. War es ein Grab? Jordans Fotografeninstinkt übernahm die Kontrolle. Er legte seine Kamera auf das Kreuz, hielt einen Moment inne und drückte den Auslöser. Im Moment als das Foto geschossen wurde, war es, als ob die Zeit stillstand. Der gesamte Wald verstummte und ein eisiger Windhauch wehte über den Pfad.
Nun verängstigt, entschied sich Jordan, den Rückweg anzutreten. Aber je weiter er in die Richtung lief, aus der er gekommen war, desto fremder wurde ihm der Pfad. Die Bäume, die Ruinen, alles hatte sich verändert. Plötzlich hörte Jordan ein leises, mädchenhaftes Kichern aus der Dunkelheit. Ein kurzer Blick auf das kleine Holzkreuz in seiner Tasche zeigte, dass der Name Arabella verschwunden war. Und dann begann sein Handy zu vibrieren. Eine E-Mail mit einer Bilddatei – das Foto, das er gerade gemacht hatte. Er öffnete die Datei, das Bild zeigte das Holzkreuz – doch dieses Mal war das Mädchen, Arabella, im Hintergrund sichtbar.
Panik ergriff Jordan. Das Kichern wurde lauter, nahm die Melodie eines Kinderliedes an, und Jordan wusste, es war Arabella, die spielte. Er rannte. Die Baumwurzeln ergriffen plötzlich seine Füße. Er stürzte. Das Handybild flackerte in der Dunkelheit auf. Arabella, nun viel näher, ihr Lachen wurde lauter. Jordan kämpfte sich wieder auf die Beine. Er rannte und rannte, bis er, völlig erschöpft, am Waldrand zusammenbrach.
Er blickte zurück. Der Pfad lag in pechschwarzer Finsternis. Ein letzter Blick auf sein Handy zeigte Arabella, stehend auf dem Weg, an der viel zu großen Baumgrenze, lächelnd. Aber dieses Mal war es kein fröhliches Lächeln. Es war ein schauriges, totbringendes Lächeln, das seine Seele erstarren ließ. Jordans Handy schaltete sich aus, umgeben von der undurchdringlichen Dunkelheit und kalt wie der Tod selbst.
Die Geschichte des Kreuzes und des Geistermädchens Arabella wurde zur örtlichen Legende. Man erzählt sie sich, um junge Kinder von dem gefährlichen Pfad der Dämmerung fernzuhalten, doch keiner hat sie je so hautnah erlebt wie Jordan. Sie blieb als eine blutüberströmte Erinnerung auf seinem Handy festgehalten, und jedes Mal in der Dämmerung, wenn der Wald in seine tiefste Dunkelheit gehüllt wird, hört er das weiche, süßliche Kichern von Arabella.