jeden Tag eine Geschichte
Nebelschleier

Nebelschleier

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Die Stadt war immer noch in die frühen Morgenstunden gehüllt, der Nebel lag schwer über den stillen Straßen. Jeder Laut schien ertränkt, die Welt in dumpfe Stille gehüllt. Rachel blickte auf ihr Handy, ihre Augen suchten den Wegweiser zur Baker Street. Mit zittrigen Fingern drückte sie auf das Symbol der Taschenlampe.

Sie wusste, dass sie eigentlich nicht draußen sein sollte. Sie war allein, der Nebel umschlang sie wie kalte Finger und selbst das Licht von ihrem Handy schien kaum dagegen anzukommen. Weiter vorne konnte sie das gelbliche Scheinen einer Straßenlaterne ausmachen. Mit zögernden Schritten machte sie sich auf den Weg dorthin.

Das Licht der Laterne erwies sich als trügerische Sicherheit als sie merkte, dass sich die Geräusche des Nebels verstärkten. Sie hörte ein heiseres Raspeln, als würde jemand schwer atmen. Mit einem Ruck hielt sie wieder inne. War das eine dunkle Gestalt da vorne? Oder spielte ihr der Nebel und ihre Angst nur einen Streich? Mit klopfendem Herzen blieb sie stehen und beobachtete die Gestalt.

Langsam, Stück für Stück, zeichnete sich eine menschliche Silhouette aus dem Nebel ab. In dem gedämpften Licht konnte Rachel kaum die Züge erahnen, doch das Gefühl der Furcht und Angst wuchs. Die Gestalt schien lediglich dazustehen und sie zu beobachten. Kein Laut, kein Bewegung, vollkommene Stille umhüllte sie. In ihrer aufkeimenden Panik bullerte ihr das Blut in den Ohren. Sie konnte spüren, wie sich ihre Hände kalt um den Rand ihres Handys klammerten.

Rachel drehte sich um und lief zurück Richtung ihres Hauses. Die angsterfüllten Schreie ließ sie tief in ihrer Brust erstarren als sie fast stolperte. Ihre nackten Füße wurden von der kalten Straße gestochen, aber sie lief weiter, so schnell sie konnte. Hinter sich hörte sie Schritte. Schnelle, gnadenlose Schritte, die sich in dem Nebel unheimlich verstärkten. Sie rannte weiter, trieb sich selbst an, bis sie endlich ihr Haus erreichte und hastig die Türe aufriß. Kaum hatte sie die Tür hinter sich geschlossen, verriegelte sie sie und lehnte sich daneben, nach Luft japsend. Ihr Fokus ward auf die Tür gerichtet, als sie die schweren, unheilvollen Schritte näher kommen hörte.

Würde die Gestalt durch die Tür brechen? War sie wirklich sicher? Das Echo der Schritte verblasste langsam in dem einsetzenden Nebel, bis es schließlich vollständig verebbte und sie erneut in die Stille hüllte. Rachel atmete schwer, ihr Herz pochte in ihrer Brust, als würde es versuchen, aus dieser zu entkommen. Sie sank zu Boden, und für einen Moment ließ die Angst sie frösteln.

Am nächsten Morgen war der Nebel verschwunden, die Stadt schien sich wieder in ihren normalen Rhythmus eingefunden zu haben. Aber Rachel wusste es besser. Der Nebel hatte etwas in ihrer Stadt hinterlassen, etwas Dunkles und Bedrohliches. Was genau, konnte sie nicht sagen. Aber die Angst blieb, ein ständiger Begleiter bei jeder neuen Nebeldecke.

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